09.11.2017

Die Last des Kreuzes abgegeben

Der in einen Grenzstein eingearbeitete Korpus.Foto: Nückel

Menden. Im Rahmen eines Abendlobes ist in der St.-Vincenz-Kirche in Menden die Ausstellung „… und ihr werdet mich dort finden“ eröffnet worden. Gezeigt werden Werke des Künstlers Anno Weihs aus dem Projekt „Altkreuz-­Abgabestelle“.

von Matthias Nückel

„Was bleiben will, muss sich verändern“, sagte Pfarrer Jürgen Senkbeil, der in einer Einführung zur Ausstellung auf die für Christen wichtigen Begriffe „Wandlung“ und „Kreuz“ einging. Beides spielt auch bei dem Kunstprojekt eine wesentliche Rolle.

„Zum Kreuz Christi dürfen wir aufblicken“, so Senkbeil. „Er hat gesagt, dass er uns hilft. Ihm dürfe man auch sein persönliches Kreuz abgeben.

„Das Kreuz abgeben“ stand am Beginn des Kunstprojektes. In der Fastenzeit 2015 waren die Mendener Christen eingeladen worden, Kreuze in die St.-Vincenz-Kirche zu bringen. „Über 900 Kreuze wurden gebracht – vom kleinen Rosenkranzkreuz bis zum großen Wandkreuz“, berichtete Anno Weihs.

Manche ältere Menschen baten den Mendener Künstler, ein Kreuz bei ihnen zu Hause abzuholen. „Dabei gab es zum Teil bewegende Momente“, erzählte Weihs. „Oft war ich der Letzte, dem die Menschen ihr Kreuz anvertraut haben.“ Manche Menschen wussten nicht, wohin mit dem Kreuz, weil niemand aus der Familie es haben wollte. „Viele haben gesagt, dass ich ihnen eine Last abnehme“, so Weihs.

Er habe die Last übernommen und in seine Werkstatt gebracht, sagte Weihs. „Mit viel Respekt“ habe er die Kreuze dort auseinandergenommen und die Materialien nach Holz, Metall und Steinen getrennt. Daraus entstanden dann in mehr als zweijähriger Arbeit die neuen Kunstwerke.

Insgesamt 17 davon sind jetzt in der St.-Vincenz-Kirche ausgestellt. Es sind Werke mit spirituellem Tiefgang. Zu den Ausstellungsstücken gibt es jeweils einen kurzen Meditationstext des Künstlers.

Wie groß der Respekt von Anno Weihs vor den ihm anvertrauten Kreuzen ist, macht das Werk „Behälter“ deutlich. Auf schweren Holzbalken sind zylindrische Behälter angebracht. Darin befinden sich die Reste der Arbeiten. „Wenn ich die Werkstatt ausgefegt habe, ist das Material in die Behälter gekommen“, so Weihs. Insgesamt 14 sind es – ein neuer Kreuzweg ist so entstanden.

Manche der Kunstwerke haben sehr aktuelle Bezüge – wie der „Grenzstein“. In einen ehemaligen Grenzstein ist ein Korpus eingearbeitet. Dazu schreibt der Künstler: „Grenzen setzen! Grenzen versetzen. Offene Grenzen? Grenzen schließen? Grenzerfahrungen. Die Grenzen überschreiten. Bis hierher und nicht weiter! Achtung Grenzkontrolle! Die eigenen Grenzen erkennen. Grenzenlose Liebe? Gebote einhalten?“

In drei Kisten, die in der Ausstellung stehen, befinden sich viele farblich verschiedene Holzteile. Auch diese sind aus Kreuzen entstanden. Sie sollen in der St.-Vincenz-­Kirche von Besuchern zum „Zukunftskreuz“ des Erzbistums zusammengelegt werden. Anschließend sollen Gottesdienstbesucher sie gegen eine Spende für die Renovierung des Kirchturmes mit nach Hause nehmen können. Eine Besucherin der Ausstellungseröffnung hatte die spontane Idee, die Holzteile einem Kindergarten zu überlassen, damit sie alle in Bewegung bleiben.

Schon am Eröffnungsabend zeigte sich, dass über das Kreuz gesprochen wird – und welcher Ort könnte dafür besser geeignet sein, als die St.-Vincenz-Kirche, von der aus am Karfreitag die Mendener Kreuztrachten beginnen? Die jetzige Ausstellung wird nicht der Schlusspunkt sein. „Das Projekt geht weiter“, betonte Anno Weihs.

Die Werke des Künstlers sind noch bis zum 24. November in der St.-Vincenz-Kirche in Menden, Kirchplatz 1, zu sehen.

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