09.01.2019

„Du bist meine geliebte Tochter, mein geliebter Sohn!“

Du bist mein geliebtes Kind.Foto: davidpereiras/photocase

Am Anfang unseres Christseins steht die Taufe als Liebeserklärung Gottes uns gegenüber.

von Konrad Schmidt

Erinnern Sie sich an Situationen in Ihrer Kindheit, in denen Ihnen dieses Kompliment zugesprochen wurde? Wenn ja, können Sie froh und dankbar sein. Viel häufiger gilt jedoch der Grundsatz – vor allem im Sauerland: „Bloß nicht loben! Die Kinder, die Ehepartner werden nur stolz davon.“

Eine lebenstüchtige Frau, die viel Gutes in ihrer Verwandtschaft und Nachbarschaft geleistet hat, erzählte von ihrer Kindheit. „Immer habe ich mich danach gesehnt, dass mich die Hände meines Vaters mal streicheln, mich in den Arm nehmen würden; sie haben mich nur hart angepackt, wenn ich zur Einsicht kommen sollte.“

Ein zweites Beispiel: Ein sehr einsatzbereiter und tüchtiger Priester, der zu Recht viel Anerkennung in seiner Arbeit fand, war in Exerzitien zu Tränen gerührt, als er die Zusage des göttlichen Vaters bei der Taufe Jesu auf sich persönlich beziehen durfte: „Du bist mein geliebter Sohn!“

Wir wissen doch sehr genau: Wer lobt, weckt neue Kräfte. Im Unterrichtshandwerk einer jeden Lehrperson ist es eine große Kunst, angemessen und ehrlich zu loben. Selbstwert und Selbstvertrauen werden geweckt. Die Freude am Lernen und am Leben wird stark. Genauso ist das auch im Leben und Wirken Jesu.

Nach seiner Kindheit und Jugendzeit in Nazareth erlebt Jesus geradezu eine seismografische Erschütterung, als er von Johannes im Jordan getauft wurde, unweit des nördlichen Ufers des Toten Meeres. Als Bauhandwerker hatte er in den Jahren zuvor dazu beigetragen, dass Menschen eine Wohnmöglichkeit, ein Dach über dem Kopf bekamen. In einer Kolonne hatte er mit seinem Vater hart gearbeitet – zum Beispiel in Kafarnaum oder auch in Sepphoris/Zippori. Die von Johannes propagierte Buß-Taufe blieb ihm nicht unbekannt. So machte er sich von Nazareth etwa 120 Kilometer nach Süden auf den Weg. Aus allen Himmelsrichtungen waren Menschen gekommen. Der Ruf des Täufers erfasste viele Menschen. Vielleicht blieb Jesus eine kurze Zeit in der Jüngerschaft des Johannes. Nach einem Aufenthalt in der Wüste kehrte er jedoch nach Galiläa zurück. Seine Predigtwanderung durch das Land begann.

In der Taufe legt Gott selbst Zeugnis ab für Jesus. Der Mann von Nazareth muss sich nicht selber „präsentieren“. Es ist keine Selbstdarstellung Jesu, von der wir heute im Evangelium hören. Gott selbst weist Jesus aus als den Erwarteten, als den „Sohn“. Die Erfahrung, geliebt und angenommen zu sein, ist die wertvollste Gabe in jedem menschlichen Leben. „Du bist mein geliebter Sohn!“ Dieses Wort hat dem „wahren Menschen“ Jesus unendlich gutgetan. Das wird zu einer Kraftquelle für ihn. Daraus kann er tief schöpfen. Es wundert uns überhaupt nicht, dass Jesus von Anfang an in seinem öffentlichen Wirken eine Freiheit ausstrahlt und eine Liebesfähigkeit, eine Freundlichkeit jedwedem Menschen gegenüber an den Tag legen kann. Das alles hat seinen Urgrund, seine Ursache in der anerkennenden Zusage des Vaters zu Jesus und in der Liebesbindung Jesu zum Vater.

Die Taufe Jesu ist einer der „Augenblicke“ im Leben Jesu, in denen wir besonders klar sehen, wer Jesus ist. Zu Recht stellen wir uns Jesus als einen sympathischen, liebesfähigen Menschen vor, der von großer emotionaler Sicherheit getragen wird.

Jedes Mal ist es eine Freude, wenn Kinder zur Taufe getragen werden. Mütter und Väter lassen deutlich werden, wie ihre Tochter, ihr Sohn bejaht, anerkannt, von Herzen angenommen ist. Nicht hoch genug kann dieses „Startkapital“ für das gesamte Leben des jungen Menschen geschätzt werden.

Zum Autor:

Msgr. Prof. Dr. Konrad Schmidt, ehem. Rektor der Kath. Landvolkshochschule in Hardehausen, ist Subsidiar im Pastoralverbund Sundern.

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