21.03.2018

Ein Platz für Tiere im Himmel

Können wir uns von gestorbenen Tieren ähnlich verabschieden wie von Menschen? Foto: Bernd Kasper / pixelio

Nicht nur Kinder fragen oft, ob auch Tiere in den Himmel kommen. Prof. Dr. Michael Rosenberger (kl. Foto), Moraltheologe an der Katholischen Universität Linz und Priester, gibt im Interview mit Susanne Haverkamp Antworten.

Ist die klassische Frage: „Kommen Tiere in den Himmel?“ inzwischen geklärt?

Eigentlich ist diese Frage schon seit Jahrhunderten bi­b-lisch geklärt. Wir haben dort eine lange Tradition, in der das Heil der Tiere mitgedacht und mitgeglaubt wird. Im Alten Testament etwa gibt es lange vor dem Glauben an eine individuelle Auferstehung die Vorstellung vom endzeitlichen Reich, das Wirklichkeit wird, wenn der Messias kommt. Und in diesem Reich sind Tiere ganz selbstverständlich mit eingeschlossen. Als sich dann der Glaube an eine individuelle Auferstehung entwickelte, so im 3./2. Jahrhundert vor Christus, hat man relativ schnell auch dort die Tiere miteinbezogen. Ein Beispiel aus dem Neuen Testament ist der Römerbrief, wo Paulus schreibt: Die ganze Schöpfung seufzt und sehnt sich nach Erlösung, aber ich bin gewiss, die ganze Schöpfung wird zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes gelangen. Und in diese Formulierung der „ganzen Schöpfung“ sind klarerweise die Tiere mit einbezogen.

Dieser Gedanke hat sich in der Kirchengeschichte aber nicht durchgesetzt.

Nein, und das liegt an Augustinus. Er hat gesagt, dass nur diejenigen Lebewesen in den Himmel kommen, die Vernunft haben und denken können. Das hat Augustinus allerdings nicht aus der Bibel he­rausgelesen, sondern von Platon und anderen griechischen Philosophen übernommen. Trotzdem hat sich dieser Gedanke jahrhundertelang im theologischen Denken festgesetzt – auch wenn er dem bi­b-lischen Befund widerspricht.

Wann hat sich das geändert?

Erst in den letzten Jahrzehnten. Vor 25 Jahren waren es nur einzelne Theologen, die vom Heil der Tiere sprachen, inzwischen ist aber eine klare Trendwende in Sicht. Zuletzt durch Papst Franziskus, der in seiner Umweltenzyklika „Laudato si“ genau das sagt: dass auch die Tiere in den Himmel kommen, dass sie mit den Menschen eine Art riesige Wallfahrt zum Himmel machen, dass der Mensch berufen ist, die Tiere auf diesem Weg zu begleiten und zu führen und dass im Himmel jedes Geschöpf „in leuchtender Verklärung“ die Gaben an die anderen verschenkt, die es selber besitzt.

Sie sprachen vom „endzeitlichen Reich“. Für Menschen gibt es den Glauben an das individuelle Gericht im Tod. Das kann es aber nur für vernunftbegabte Wesen geben, oder?

Ja, das stimmt. Die Kirche hat immer gelehrt, dass Gott für alle das Heil will. Und genau deshalb wird es auch im Himmel Tiere geben. Der Mensch aber ist als einziges Wesen in der Lage, sich der Liebe, die Gott ihm schenkt, zu verschließen, sich sozusagen ins „Ewige Eis“ zu begeben, wie Dante Alighieri in der „Göttlichen Komödie“ die Hölle beschreibt. Die Tiere können das als nicht vernunftbegabte Wesen nicht, deshalb wird es in der Hölle vielleicht Menschen, aber sicher keine Tiere geben.

Wenn Tiere in diesem Sinne eine Seele haben, können wir sie dann christlich bestatten? Auf Tierfriedhöfen ist ja eine Trauerfeier nicht vorgesehen oder sogar verboten.

Sachlich ist das Verbot einer Trauerfeier nicht gerechtfertigt. Und ein offizielles Verbot existiert auch gar nicht. Aber daran, dass es nicht ausdrücklich erlaubt ist, merkt man, dass die Kirche sich erst langsam mit diesen Gedanken anfreundet. Aber wenn Sie mal 50 Jahre zurückdenken: Damals hat man etwa ungetauft geborenen Kindern auch eine kirchliche Bestattung verweigert. Das hat sich zum Glück geändert. Und meiner Meinung nach ist der nächste Schritt eine Bestattung für Tiere. Aus theologischer Sicht spricht nichts dagegen – das haben mir übrigens auch schon Bischöfe gesagt –, es ist nur eine emotionale Distanz, die wir zu solch einem Gedanken noch haben. Eben auch, weil es über Jahrhunderte anders praktiziert und gesehen wurde.

Sie sind Priester: Würden Sie ein Tier christlich beerdigen?

Das würde ich machen. Bislang bin ich aber nur gefragt worden, was die Leute selbst – als gläubige Christen – tun können, wenn ihr Tier gestorben ist. Das wollten schon häufiger Leute wissen.

Und, was können sie tun? Lieder singen, Gebete sprechen?

Ja, auf jeden Fall. Auch beispielsweise eine biblische Lesung, die vom Heil der Tiere spricht, vortragen.

Und ein Kreuz aufstellen?

Ja, warum denn nicht? Wenn wir Tiere segnen – entweder, indem wir ein Kreuz über sie schlagen oder sie mit geweihtem Wasser besprengen – wa­rum sollten wir dann das, was wir am lebenden, nicht auch am toten Tier tun? Es gibt ein wunderbares Mosaik in der Kirche San Clemente in Rom. Dort haben sich Hunderte von Tieren unter dem Kreuz Christi versammelt. Das Bild zeigt das Paradies, wo Mensch und Tier unter dem Kreuz versammelt sind – was übrigens auch zeigt, dass sich der Glaube an das Heil für die Tiere durch die Erlösung im Kreuz Christi in der Frömmigkeit der Menschen auch gehalten hat, als die kirchliche Lehre anders war.

Was heißt das alles für den Umgang mit Tieren?

Das heißt zunächst, dass die Tiere eigenständige Geschöpfe sind und als solche mit ihren eigenen Bedürfnissen respektiert werden müssen; sie dürfen nicht einfach als Sache behandelt werden, die für uns Menschen nützlich ist. Das gilt für Nutztiere, die artgerecht gehalten werden müssen genauso wie für Haustiere. Denn die haben auch ihre eigenen Bedürfnisse, zum Beispiel nach Ruhe oder Auslauf, und sind nicht in erster Linie dafür da, unser menschliches Liebesbedürfnis zu befriedigen.

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