10.06.2016

Globalisierung und fairer Handel

Wie es sich anfühlen kann, in einer fremden Kultur anzukommen, und welche Möglichkeiten es gibt, um sich zu integrieren, erfuhren die Schüler beim Planspiel „Bafa Bafa“. Foto: Plamper

Kamen. Sie sind gerade mal 16 Jahre alt und wachsen in einer globalen Welt auf. Doch was ist Globalisierung? Trage ich dafür eine (Mit-)Verantwortung? Diesen und anderen Fragen gingen jetzt die Neuntklässler der Hauptschule Kamen in einem „Sozialen Seminar“ der Dortmunder Kommende-Stiftung „beneVolens“ nach. Diese leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur sozialethischen und politischen Bildung von benachteiligten Jugendlichen.

„Ausflüge in die Eine Welt” so lautete das Leitwort des viertägigen Seminars. Los ging es für die Schüler mit einem „Besuch“ im globalen Dorf. Teils überrascht und gleichwohl erstaunt, erfuhren die Jugendlichen im Anschluss, dass es gar nicht so selbstverständlich ist, ein Smartphone in den Händen zu halten.

„Die Schüler lernten mit praktischen Übungen und einem Planspiel den langen Weg kennen, den das Handy von der Beschaffung der Rohstoffe für die Herstellung über die Produktion bis zu ihnen zurücklegt“, erklärt Referentin Jana-Maria Keine (Universität Münster). Ein Beispiel, das ihnen nicht nur globale wirtschaftliche Verflechtungen verdeutliche, sondern dass auch ihr Handeln – wie der Kauf eines Handys – das Leben von Menschen, die sie nicht kennen und in anderen Ländern leben, beeinflusst. Zugleich spürten die Schüler, wie ungleich natürliche und soziale Ressourcen auf der Welt verteilt sind.

So stand am zweiten Semi­nartag unter anderem Kinderarbeit auf dem Programm. Wie diese aussehen kann, erfuhren die Jugendlichen in einer begleitenden Übung zum Thema und taten nur wenige Minuten das, was zahlreiche Kinder tagtäglich für einen kargen Lohn tun, um so zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen – nämlich Tüten kleben.

Übungen und Planspiele, sich in andere Menschen und Kulturen einfühlen zu können und möglichst ihr Schicksal hautnah für Momente zu erleben, zeichnet das Soziale Seminar aus. Es macht den „Lehrstoff“ außerhalb der Kulisse „Schule“ lebendig und bietet Raum und Zeit für Reflexion. Ziel des Globalisierungsseminars sei, die unterschiedlichen Facetten der internationalen Verflechtungen in vielen Bereichen kennenzulernen sowie die Strukturen der Ungleichheit und Ungerechtigkeit zu verstehen, erläuterte Raphael Herbers, Referent der Kommende-Stiftung „beneVolens“. Gleichwohl solle das Seminar die Schüler mit den „wirtschaftlichen und politischen Akteuren“ in der Globalisierung vertraut machen und die entwicklungspolitischen Ziele des fairen Handelns veranschaulichen.

Bereits seit mehreren Jahren besucht die Hauptschule Kamen mit ihren Schülern der 9. Klasse das Globalisierungsseminar der Stiftung „beneVolens“ und die Jugendlichen waren auch diesmal begeistert. „Warum machen wir so etwas nicht öfter an unsere Schule, fragten mich einige Schüler gleich nach dem ersten Seminartag“, erzählt Kai Täuber. Der Sonderpädagoge begleitete die Klasse seitens der Haupt­schule. „Das Seminar ist so vielfältig“, stellt Vijalan (16) für sich fest. Es vermittle sehr viel Allgemeinbildung und das könne ihr auf keinen Fall schaden.

„Migration als globale Herausforderung“ so lautete das Tagesmotto am vorletzten Seminartag. Ein Gespräch mit einer Migrationsberaterin und einem Migranten, der seine Flucht aus seinem von Gewalt und Verfolgung geprägten Heimatland –mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in Deutschland im Herzen und der Angst im Nacken, bei seinem Weg über das Mittelmeer nicht anzukommen – schilderte, habe Betroffenheit und Schweigen ausgelöst, fasst Herbers die Begegnung zusammen.

Wie es sich anfühlen kann, in einer fremden Kultur anzukommen, und welche Möglichkeiten es gibt, um sich zu integrieren, erfühlten die Schüler in einem Planspiel. Sie hatten sowohl Gelegenheit, in die Rolle eines Ankömmlings in einer ihm fremden Gesellschaft zu schlüpfen als auch als Gesellschaftsmitglied den Neuling in ihrer Mitte willkommen zu heißen.

„Das Seminar ist sehr informativ. Man bekommt ganz andere Blickwinkel auf die unterschiedlichen Sachen“, findet Denis (16). „Es zeigt, wie schwer es eigentlich ist, Flüchtlinge zu integrieren, auch schon wegen der Sprache. Man muss, meine ich, hilfsbereit sein, aneinander Interesse zeigen und aufeinander zugehen.“

Elisabeth Plamper

Infos: www.benevolens.de

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen