03.06.2016

Herzenssache

Im März lud der Osnabrücker Bischof Dr. Franz-Josef Bode anlässlich seines Bischofsjubiläums Obdachlose zum Fastenmahl ein: in die Osnabrücker Herz-Jesu-Kirche. Foto: picture-alliance

Man muss zunächst den Kitsch beiseite räumen, der sich immer dann ins Bild drängt, wenn es ums Herz und um die Liebe geht. Auch das Herz-Jesu-Fest ist davon arg betroffen. Heutzutage steht man etwas verwundert vor den recht süßlichen, allzu realistischen Darstellungen des 19. Jahrhunderts.

Zudem sind Herz-Jesu-Figuren oft noch leicht ramponiert, sodass man den Eindruck gewinnen muss, das Herz-Jesu-Fest sei ein Ding aus der katholischen Mottenkiste. Was gewisse Frömmigkeitsformen betrifft, stimmt das womöglich, doch das, was gemeint ist, gehört nicht dort hinein.

Das Fest wird am kommenden Freitag gefeiert, am Freitag der Woche nach Fronleichnam. Im Kalender der Kirche ist es sogar ein Hochfest, das seit 1856 in der gesamten römisch-katholischen Kirche gefeiert wird. Seine Wurzeln hat es in der mittelalterlichen Christusfrömmigkeit und gilt als Ursprung der Kirche. Gerade im 19. Jahrhundert rüttelten die Stürme und Strömungen der Zeit an der Kirche. Vieles, was sie sichern und stabilisieren sollte, stammt also aus jener Zeit.

Aus medizinischer Sicht ist das Herz das zentrale Organ für die Durchblutung. Ein Herzstillstand bedeutet höchste Gefahr, es muss sofort gehandelt werden. Ohne Herz kann ein Mensch nicht leben und doch redet man gelegentlich von herzlosen Personen. Damit ist formuliert, dass die Menschheit dem Herzen noch einen anderen Stellenwert zuspricht: das Herz ist in vielen Kulturen der Ort der Weisheit, der Güte, der Wahrheit, der Liebe, der Ort, wo der Mensch in Kontakt mit Gott kommt, wo er zum Menschen wird. Schon im Alten, dem Ersten Testament heißt es beim Propheten Ezechiel: „Ich nehme das Herz von Stein aus ihrer Brust und gebe ihnen ein Herz von Fleisch“ und in der Bergpredigt sagt Jesus gemäß dem Evangelisten Matthäus: „Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen.“

Auch der Mensch Jesus hatte natürlich ein Herz und dies ist an einer Stelle im Neuen Testament angedeutet. Im Johannesevangelium wird berichtet, dass ein Soldat dem toten Jesus mit einer Lanze in die Seite, also mutmaßlich ins Herz, gestoßen hat und daraus Wasser und Blut flossen. Dies wiederum sind Flüssigkeiten, die für Leben und für Hingabe stehen.

„Das Kreuz ist der Ernstfall der Liebe. Christi durchbohrte Seite eröffnet den Menschen das Heil, ist Ursprung der Kirche und der Sakramente. Das offene Erlöserherz wird zur Quelle allen Heils“, so schreibt der Theologe und Brauchtumsforscher Prof. Manfred Becker-Huberti. In der Präfation des Festes heißt es: „Aus seiner geöffneten Seite strömen Blut und Wasser, aus seinem durchbohrten Herzen entspringen die Sakramente der Kirche. Das Herz des Erlösers steht offen für alle, damit sie freudig schöpfen aus den Quellen des Heiles.“

Das Herz ist zum Weitergeben da, es pumpt Blut in die Organe, es befähigt zur Liebe, die wiederum zum anderen Menschen drängt. Das geöffnete Herz Jesu unterstreicht dieses sich-verschenken-wollen. Und dazu ist eben auch die Kirche da: sich zu verschenken und nicht, sich zu bewahren.

Claudia Auffenberg

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