17.05.2018

Offenheit, die nach innen führt

Der Ort schuf die besondere Atmosphäre, das Organisationsteam hatte sich vieles einfallen lassen und die Band „Connect“ sorgte gekonnt für die musikalische Begleitung. Foto: Körtling

Möhnesee. Es war wieder so weit: Unter dem Motto „All you need is law?!“ (Alles, was Du brauchst, ist das Gesetz?) begann die Reihe der „Kirche am See“-Gottesdienste. Hunderte von Besuchern erlebten einen tief spirituellen Gottesdienst für große und kleine Gläubige, der mit seiner offenen Art auch kontroverse Themen versöhnlich ansprach.

von Peter Körtling

Die bewährten Grundlagen wurden auch zum Auftakt der neuen Saison beibehalten: Unter der alten Eiche im Kurpark fanden zahlreiche Gläubige ein schattiges Plätzchen, der Altar stand vor dem Zukunftskreuz des Erzbistums und die Band „Connect“ hatte ihren Platz unter einem großen Pavillon an der Seite des Geschehens. Kindern stand eine große Decke am Rand zur Verfügung, auf der gemalt wurde.

Unter den Besuchern waren viele Stammgäste, die aus Bad Driburg, Dortmund oder Hamm angereist waren. Sie hatten es sich in mitgebrachten Campingstühlen bequem gemacht, während andere auf bereitgestellten Klappbänken oder einfach auf dem Rasen Platz nahmen. Zwischen den Besuchern waren aber auch die Mitglieder des Organisationsteams, die sich im Verlauf des Gottesdienstes immer wieder zu den aufgearbeiteten Themen zu Wort meldeten.

Wie blicken wir auf Regeln und was ist sinnvoll oder übertrieben? Solche Fragen trieb die Gläubigen bald um. Was schränkt mich ein und was empfinde ich als sinnvoll? Nicht nur die engagierten Ehrenamtler, auch viele Besucher beteiligten sich bald aktiv. Wenn Fremdenfeindlichkeit auftritt, Christen als Opfer tituliert werden, oder jüdische Mitbürger Angst haben müssen mit ihrer Kopfbedeckung Kippa in die Öffentlichkeit zu treten, dann müssen dem klare Regeln entgegenstehen. Darüber herrschte Einigkeit.

Das vorgeschriebene Aufhängen von Kreuzen in bayerischen Amtsstuben beschäftigte Pfarrer Ludger Eilebrecht besonders. „Wer hat denn das Copyright auf das Kreuz“, fragte er, direkt den Bogen zum Thema Regeln schlagend. Die Antwort lieferte Eilebrecht gleich nach: Es seien die Römer – nicht Jesus Christus. Die Römer hätten das Kreuz als Hinrichtungsgerät in ihr gesamtes Weltreich exportiert und somit auch das Copyright. Für Christen sei dieses finstere Instrument erst durch die Passion wertvoll geworden.

Seitdem bedeute das Kreuz ein Symbol für die hingebungsvolle Liebe Gottes zu den Menschen. Deshalb würde das Kreuz in seiner neuesten, gesetzlich vorhergesehenen Funktion – als Zeichen der Ausgrenzung, einer Marke: „Wir hier, ihr nicht“ – auch pervertiert. Zuletzt habe es sogar geheißen, dass Kreuz solle als Zeichen der Kultur, nicht als religiöses Symbol dienen. Dann, so Eilebrecht, könnte die bayerische Landesregierung auch Brezeln oder Weißbiergläser aufhängen lassen, oder seine Mitarbeiter anweisen in Lederhose oder Dirndl zur Arbeit zu erscheinen.

Diese augenzwinkernde Art Probleme anzusprechen, entsprach völlig dem Geist der Kirche am See. Das jedes Ding zwei Seiten hat, machte Eilebrecht auch mit Zitaten deutlich: „Liebe und tue was Du willst“ – diese Aussage des heiligen Augustinus wirke zunächst einfach und symathisch. Doch wie viel Schlimmes sei aus falsch verstandener Liebe entstanden, fragte er dann nach und erntete Zustimmung. Schließlich setzte er dem Zitat des Augustinus ein Zitat des Philosophen, Malers und Schriftstellers Khalil Gibran gegenüber: „So wie die Liebe Dich krönt, so kann sie dich auch kreuzigen“. Das sei ihm eindeutig zu negativ, so Eilebrecht. Da man jeden Satz auch anders sehen könne, schlug er vor, Gibrans Aussage zu verändern. „Warum sagen wir nicht: ,So wie die Liebe Dich kreuzigen kann, so kann sie Dich auch krönen, fragte der Geistliche.

Das persönliche Ansprechen und die Einbindung der Kinder, deren Bilder als Collage gezeigt wurde, berührte die Gäste. Die persönlichen Fürbitten der Besucher – ergänzt von Eilebrecht um das Gedenken an einen kürzlich verunglückten Autofahrer und eine Umweltschutzgruppe, deren Fahrzeug ausgebrannt war –, bereicherte alle im Gebet. Der Blick auf den See, die Musik und das großartige „Wir-Gefühl“ sorgten für einen guten Auftakt der Reihe. „Ich mag bei Kirche am See vor allem diese Offenheit, die nach innen führt“, zog Eilebrecht sein Fazit.

Am Sonntag, 20. Mai, setzt sich die Reihe um 11.00 Uhr mit einem Jugendgottesdienst unter dem Motto „The Power of Spirit – the Spirit of Power“ fort, der von den Firmbewerbern am Möhnesee mitgestaltet wird.

www.kircheamsee.de

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