20.05.2016

Was doch möglich ist …

Wenn man in die Krankenhäuser, Altenheime und Rehakliniken der Republik schaut, dann sieht man einiges, das man eigentlich nicht sehen möchte:

Menschen, die vom Schicksal gebeutelt, aus der Bahn geworfen, manchmal regelrecht entstellt worden sind. Menschen, die kaum mehr sie selbst sind, denen das Leben mühsam und jede kleinste Regung unfassbar schwer oder gar unmöglich geworden ist. Das ist beklemmend. Schließlich fällt einem kein Grund dafür ein, warum man selbst bislang verschont geblieben ist und vor allem – es auf Dauer bleiben sollte. Zu den Alternativen, die das Leben bereithält, gehören eben nicht nur das Glück einer Partnerschaft, beruflicher Erfolg oder Gesundheit bis ins hohe Alter. Es gehören auch ganz andere Dinge dazu.

Doch wenn man in Krankenhäusern, Altenheimen und Rehakliniken ist, sieht man auch anderes: nämlich Schwestern, Pfleger und Ärzte, die sich dem stellen, die bereit sind, täglich mit dem Unglück anderer umzugehen, das auch sie in jeder Sekunde treffen kann. Und man sieht Ehefrauen, Ehemänner, Kinder, Freunde, die auf einmal bereit und in der Lage sind, Dinge zu tun, die sie sich womöglich selbst nie zugetraut hätten. Deren Leben ebenfalls aus der Bahn geraten sind, die auch Abschied nehmen müssen von ihrer Zukunftsplanung, deren Wertesystem völlig neu konstruiert worden ist.

Im Buch Deutoronium, dem fünften Buch Mose, gibt es im 30. Kapitel eine schöne Stelle, in der es sinngemäß heißt: Die Gebote Gottes enthalten nichts, was du dir erst mühsam von außen aneignen müsstest, nichts, es sind keine Paragrafen, die dich zu irgendwas zwingen wollen. Vielmehr wollen sie dich ermutigen und darin bestärken, das zu tun, was dein Herz dir sagt und was du längst an Gutem tust.

Was man in Krankenhäusern, Altenheimen und Rehakliniken also auch sieht, könnte man in diesem Heiligen Jahr so formulieren: Barmherzigkeit ist mitten unter uns.

Claudia Auffenberg

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