13.04.2017

„Widersprüchliche Politik“ kritisiert

Paderborn. Widersprüchliche Signale der Politik gegenüber Flüchtlingen hat Domkapitular Dr. Thomas Witt kritisiert. Der Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes und Flüchtlingsbeauftragte des Erzbistums sagte beim sogenannten Josefstag von IN VIA in Paderborn, auf Dauer sei das kontraproduktiv.

Einerseits werde von den anerkannten Flüchtlingen sofortige Integration verlangt, andererseits werde bis dahin alles getan, Flüchtlinge abzuschrecken und diejenigen ohne Bleibeperspektive an der Integration zu hindern. „Wir geben Gas mit angezogener Handbremse“, sagte er. „Es schadet doch nichts, wenn Flüchtlinge, die Deutschland wieder verlassen müssen, Deutsch lernen; da haben sie eine wichtige Qualifikation erworben, die ihnen auch in ihren Heimatländern nützen kann. Und im Fall der Anerkennung war die Zwischenzeit keine verlorene Zeit“, sagte Witt. Allerdings setze das auch voraus, dass es genügend Integrations- und Sprachkurse gebe, was leider nicht der Fall sei. Dass die Parteien im Wahlkampf nun alles täten, um sich gegenseitig mit Vorschlägen zu abschreckenden Maßnahmen gegen Flüchtlinge zu übertrumpfen, sei „eine fatale Entwicklung“.

Anlässlich des Josefstages, einem Aktionstag der katholischen Jugendberufshilfe, der rund um den Festtag des Heiligen stattfindet, lobte Witt einerseits die Anstrengungen der Jugendhilfe, minderjährigen Flüchtlingen zur Seite zu stehen und ihnen eine berufliche Perspektive zu eröffnen, kritisierte aber andererseits, dass diese Hilfe mit Erreichen der Volljährigkeit abrupt abbreche. „Erst investiert man – solange die Jugendhilfe zuständig ist – große Summen, dann lässt man sie fallen.“ Eine Einschätzung, die auch IN VIA Paderborn, als Träger von Maßnahmen der Jugendberufshilfe, teilt. „Für die Jugendlichen ist der 18. Geburtstag ein Datum voller Angst und Schrecken“, sagte Fachbereichsleiterin Karin Strätling. Mancher müsse an diesem Tag in eine Gemeinschaftsunterkunft umziehen, verliere seinen Vormund und seinen Bezugserzieher.Neben Flüchtlingen werden von IN VIA Jugendliche und junge Erwachsene mit geistiger Einschränkung sowie sogenannte entkoppelte Jugendliche gefördert. „Es gibt auch in Paderborn zunehmend Jugendliche, die sich zurückgezogen und allen Systemen entzogen haben“, erklärte Karin Strätling. Diese stammten häufig aus stark belasteten Familien, zeigten Zeichen emotionaler Verwahrlosung und hätten keine Perspektive: „Wir haben die Aufgabe, diese verstärkt in den Blick zu nehmen, bevor sie straffällig werden oder in Sucht abgleiten.“

Im Erzbistum Paderborn fanden Veranstaltungen von Caritas- und Fachverbänden zum Josefstag in diesem Jahr in Hagen, Unna, Dortmund und Paderborn statt.

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