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16.07.2024
Widerstand oder Kollaboration? Anhand von zehn Fragen diskutiert die Schau "Und vergib uns unsere Schuld?" kirchliches und christliches Verhalten gegenüber dem Nationalsozialismus.
Foto / Quelle: LWL/Ansgar Hoffmann

20. Juli: Widerstand aus der zweiten Reihe

Eine LWL-Ausstellung informiert über unbekanntere Widerstandskämpfer gegen Nazi-Diktatur.

Lichtenau-Dalheim/München/Köln (lwl)

Am 20. Juli jährt sich zum 80. Mal das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler durch den Kreis um Graf Stauffenberg. Dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus schlossen sich auch zahlreiche Menschen an, die heute nicht mehr so bekannt sind. Das Datum ist ein Symbol für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus, in dem auch Geistliche, Theologen und gläubige Christen aktiv waren. Daran erinnert eine aktuelle Ausstellung „Und vergib uns unsere Schuld? Kirchen und Klöster im Nationalsozialismus“ im LWL-Landesmuseum für Klosterkultur in Lichtenau-Dalheim (Kreis Paderborn, bis Mai 2025).

Alfred Delp (1907 bis 1945)

Weniger bekannt ist zum Beispiel Alfred Delp, der im Zuge der Verfolgung nach dem Attentatsversuch am 28. Juli 1944 in München verhaftet und am 2. Februar 1945 hingerichtet wurde. Von ihm ist in der Ausstellung ein Abschiedsbrief an seine Mitbrüder zu sehen, den der Jesuit kurz vor seiner Hinrichtung schrieb.Delp war Mitglied im „Kreisauer Kreis“ und wirkte an einem Konzept für eine Gesellschaftsordnung für die Zeit nach dem Nationalsozialismus mit. Der Kreisauer Kreis war eine Gruppe von Adeligen, Sozialdemokraten und Theologen beider christlichen Konfessionen.

Wenige Tage nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler wurde Delp als vermeintlicher Mitverschwörer verhaftet. Obwohl ihm keine Beteiligung an der Planung des Attentats nachgewiesen werden konnte – Delp lehnte einen gewaltsamen Sturz der Regierung ab -, wurde er im Februar 1945 zum Tode verurteilt. Delp sah das Urteil als Ausdruck der Religionsfeindlichkeit und des Verschwörungsglaubens der Nationalsozialisten: „Der eigentliche Grund der Verurteilung ist der, dass ich Jesuit bin und geblieben bin“, schrieb er in seinem Abschiedsbrief.

Nikolaus Groß (1898-1945)

Die Verhaftung von Nikolaus Groß im August 1944 markiert ein Eintrag in seinem Notizbuch, das in der Dalheimer Ausstellung zu sehen ist: „Vater geholt“ ergänzt eines seiner Kinder am Tag der Verhaftung.Groß bezog bereits in den 1920er Jahren klar Stellung gegen den Nationalsozialismus. Mit dem sogenannten Kölner Kreis plant er später die Neuordnung Deutschlands im Anschluss an den Sturz der Nationalsozialisten.

„Delp und Groß gehören zu den Menschen, die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aus religiöser Überzeugung ihr Leben geopfert haben. Für viele von ihnen wurde der 20. Juli 1944 zu einem verhängnisvollen Wendepunkt. Ihre Taten aber sind nur ein Aspekt des komplexen Verhältnisses zwischen den christlichen Kirchen und dem Nationalsozialismus“, so Museumsleiter Dr. Ingo Grabowsky. Anhand von zehn Fragen nimmt die Dalheimer Ausstellung dieses komplexe Verhältnis in den Blick und führt die Besucherinnen und Besucher dabei auch in die Zeit vor dem Nationalsozialismus und in die Nachkriegszeit.

Im Spannungsfeld von Kollaboration und Widerstand stellt die Schau dabei kirchliches und christliches Verhalten in den Kontext der Zeit: Sie zeigt die Vorgeschichte des sogenannten „Dritten Reichs“ und diskutiert das Verhältnis der Nationalsozialisten zum Christentum. Sie beleuchtet die Maßnahmen, mit denen das NS-Regime den christlichen Glauben aus dem Alltag zu verdrängen suchte und zeigt zugleich die Verstrickung der christlichen Kirchen und ihrer Anhängerinnen und Anhänger in die nationalsozialistische Unterdrückungs- und Vernichtungspolitik.

Abschließend geht die Ausstellung auf die Frage ein, wie die Kirchen heute ihre jeweilige Rolle im sogenannten „Dritten Reich“ bewerten.

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