Alte Brillen für Entwicklungsländer

Blick in den Karton der vergangenen Tage. Da die Optiker in Rheda-Wiedenbrück fleißig mitsammeln und ihre Kunden gezielt auf die Aktion ansprechen, kommen dort besonders viele Sehhilfen zusammen. (Fotos: Leskovsek)

Seit zehn Jahren sammeln Franz Linnemann und seine KAB Wiedenbrück alte Brillen. Denn was bei uns sonst achtlos in Schubladen oder im Müll landet, kann aufgearbeitet werden und Menschen in Entwicklungsländern, die sonst keinen Zugang zu Sehhilfen hätten, noch wertvolle Dienste leisten.

Rheda-Wiedenbrück. Seit rund zehn Jahren sammelt die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) in Wiedenbrück ausgediente Brillen in Eigenregie. Dabei arbeitet sie mit dem Deutschen Blindenwerk im Rahmen der Aktion „Brillen Weltweit“ in Koblenz zusammen. Der Langenberger Franz Linnemann gehört zum Vorstandsteam der KAB Wiedenbrück, und die Brillensammlung ist „sein“ Projekt, für das er sich voll und ganz einsetzt. Er erzählt, was ihn bewegt und antreibt und nicht müde werden lässt, immer wieder aufs Neue dafür Werbung zu machen, Menschen gezielt anzusprechen und auch Fahrten auf sich zu nehmen, um Brillen abzuholen.

Franz Linnemann zeigt ein Hörgerät. Auch diese werden gesammelt, gereinigt und gemessen und an bedürftige Menschen in Entwicklungsländern verteilt.
Franz Linnemann zeigt ein Hörgerät. Auch diese werden gesammelt, gereinigt und gemessen und an bedürftige Menschen in Entwicklungsländern verteilt.

Werte der KAB

„Die Werte der KAB sind mir praktisch in die Wiege gelegt worden. Mein Vater war dort sehr aktiv, und die Familie war oftmals Teil dieser Gemeinschaft, die mich geprägt hat. Da habe ich gelernt, mich ehrenamtlich zu engagieren, weil es gut ist, Menschen zu helfen, die in Not sind“, erzählt der 77-Jährige, der in jungen Jahren von der Piuskirche weg ins nahe gelegene Langenberg an den Allerbecker Weg gezogen ist. Auch wenn ihm das Brillensammelprojekt ganz besonders am Herzen liegt, bewegen ihn auch andere sozialkritische Themen – etwa menschenwürdige Arbeitsverhältnisse, die Flut an Plastikmüll und ganz allgemein die Not in der Welt. 

Das Leitungsteam der KAB trifft sich regelmäßig. Dann werden Radtouren, Besichtigungen und Vorträge für die Mitglieder vorbereitet und organisiert. Linnemann ist es aber auch wichtig, dass es mal nur gesellige Treffen gibt, bei denen sich die KAB-ler unterhalten können. Viele sind schon älter und freuen sich über einen geselligen Nachmittag, weiß er. Auch das ist für ihn KAB.

Diesen Stapel Kartons hatte Linnemann in seiner Garage gesammelt. Der Organisator der Aktion „Brillen Weltweit“, Johannes Klein, hat sie erst kürzlich abgeholt, damit es Patz für neue Kartons in der Langenberger Garage gibt.
Diesen Stapel Kartons hatte Linnemann in seiner Garage gesammelt. Der Organisator der Aktion „Brillen Weltweit“, Johannes Klein, hat sie erst kürzlich abgeholt, damit es Patz für neue Kartons in der Langenberger Garage gibt.

„Brillen weltweit“

In das Brillenprojekt ist er reingewachsen. Früher organisierte die KAB das zusammen mit dem Lions Club. Dieser hatte die Brillen aufbereiten lassen. Das wurde irgendwann zu kostspielig, und das Projekt schlief ein. Nicht aber für Linnemann. Er recherchierte, stieß auf „Brillen Weltweit“ und sammelt seitdem in Eigenregie weiter. Erst kürzlich hat er wieder 6 000 gebrauchte Sehhilfen an den Koordinator der Aktion „Brillen Weltweit“, Johannes Klein, übergeben. Er holte die zahlreichen Kartons bei Linnemann ab und staunte nicht schlecht, dass es wieder eine so große Zahl war.

Franz Linnemann mit einer Auswahl an Brillen, die allesamt noch sehr gut erhalten sind und für Menschen, die sich keine Brille leisten können, hilfreich seien können. Als Brillenträger weiß er, wie wichtig gutes Sehen ist. Was bei uns selbstverständlich ist, ist in anderen Ländern fast unmöglich zu bekommen.
Franz Linnemann mit einer Auswahl an Brillen, die allesamt noch sehr gut erhalten sind und für Menschen, die sich keine Brille leisten können, hilfreich seien können. Als Brillenträger weiß er, wie wichtig gutes Sehen ist. Was bei uns selbstverständlich ist, ist in anderen Ländern fast unmöglich zu bekommen.

Mit diesen Brillen ist es möglich, dass Kinder wieder in die Schule gehen und Erwachsene wieder arbeiten können, um die Familie zu ernähren. „Brillen Weltweit“ ist in Europa das größte Brillen-Aufbereitungsprojekt für alte Brillen. Alle Sehhilfen werden gereinigt, gerichtet, vermessen, mit Brillenpass und Lagernummer versehen und auf Excel-Listen aufgeführt. Die gelieferten Brillen werden in einen absolut gebrauchstüchtigen Zustand versetzt. 

Nachfrage ist vorhanden

Die Nachfrage danach ist vorhanden, denn in vielen Ländern und Regionen sind weder Augenoptiker noch Brillen verfügbar. Derweil befinden sich aber in vielen Haushalten der wohlhabenderen Länder viele ausrangierte Brillen, die keine Verwendung mehr finden, aber Bedürftigen, die sich keine Brille leisten können, helfen würden. Tausenden, vielleicht sogar Millionen Fehlsichtigen wurde bereits geholfen. Dennoch bleiben viele Millionen Menschen, die noch auf eine Sehhilfe warten. Jede Brille sei somit wichtig, sagt Linnemann. Dabei sei es egal, ob es eine Lesebrille, eine Gleitsicht- oder Sonnenbrille sei. 

Sammelboxen und Tüten mit Brillen

Andrea Michalske vom Reisebüro Startklar in Oelde hörte von der Aktion und stellte gleich eine Sammelbox in ihrem Ladenlokal auf. „Immer mal wieder liegt ein Tütchen vor meiner Tür mit abgegebenen Brillen“, freut sich Linnemann. Nach seinem Geschmack können es gar nicht genug sein. In den vergangenen zehn Jahren konnte er mehr als 50 000 Stück abgeben und somit in Entwicklungsländern vielen Tausend Menschen mit einer Sehschwäche helfen. Es sollte also zu einer Selbstverständlichkeit werden, ausgediente Brillen nicht in den Müll zu werfen, sondern sie abzugeben, meint Franz Linnemann. 

Die KAB Wiedenbrück hat organisiert, dass Sammelbehälter in den katholischen Kirchen in Mastholte, Langenberg, St. Pius Wiedenbrück und St. Vit aufgestellt wurden, die Rheda-Wiedenbrücker Optiker sind zum Teil dabei und sammeln mit, und inzwischen auch viele Einzelspender. 

Doch nicht nur Sehhilfen, auch Hörgeräte werden gesammelt. „Das wissen viele noch nicht“, sagt Franz Linnemann. Sie seien aber ebenso wichtig wie die Brillen, meint Linnemann, der selber ein Hörgerät trägt. Natürlich wird auch beim anstehenden Pfarrfest von St. Pius in Wiedenbrück die KAB wieder einen Stand haben und dabei auch Brillen und Hörgeräte sammeln.

Waltraud Leskovsek

Info
Alte Brillen und Hörgeräte werden vielerorts bei Optikern gesammelt, rund um Wiedenbrück aber auch in den katholischen Kirchen in Mastholte, Langenberg, in St. Pius Wiedenbrück und St. Vit. Mehr Informationen und Angaben über weitere Sammelstellen finden sich unter www.brillenweltweit.de.

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