Archaische Holzaltäre
Ein Werk des Bildhauers Werner Schlegel: Der Altartisch in der Diakoniekirche Heidelberg. Foto: Schleyer
Salzkotten. Er betreibe keine explizit christliche Kunst, meint Werner Schlegel. Aber seine Werke haben eine religiöse und spirituelle Dimension. Werner Schlegel bezeichnet sich als modernen Holzbildhauer. Eines seiner Hauptwerkzeuge ist die Kettensäge. Aber wenn er das Holz bearbeitet, hat er Ehrfurcht vor dem natürlichen Material. Alle Eingriffe, die dieser Künstler an seinem Holzblock vornimmt, sind nie total verändernd. Ob er den Klotz weiß und schwarz bemalt, einkerbt oder Skulpturen gestaltet; immer soll die natürliche Struktur des Holzes zur Geltung kommen.
Schlegel ist von Beruf Lehrer, Kunsterzieher am Gymnasium Johanneum in Wadersloh. Der erfahrene Pädagoge weiß um die vielen Ablenkungen, die auf junge und alte Menschen einströmen. Deshalb will er seine Kunst auf möglichst einfache Formen zurückführen. Er begibt sich auf die Suche nach archaischen, urtümlichen Strukturen. Solche Vereinfachung bewirkt Verinnerlichung. Schlegels moderne Kunstformen weisen einen unübersehbaren spirituellen Zug auf. Sie wollen auf eine andere als die gegenwärtige laute und schillernde Welt hinweisen.
Schlegel sieht die religiösen Bezüge seiner Kunst, hält sie für diese Deutung offen. Aber er hat lange gezögert, sich ausdrücklich kirchlicher Kunst zuzuwenden. Aus Respekt. „Jahrhundertelang haben sich Künstler am Kreuzesmotiv abgearbeitet. Dem konnte ich nichts Eigenes, nichts Neues hinzufügen.“, so bekennt er. Daher griff Schlegel zu einem künstlerischen Trick. Er löste den Corpus eines alten Kruzifixes ab und schuf dafür eine neue hölzerne Stele. So geschehen in der Diakoniekirche in Heidelberg. Eine ähnliche Lösung fand Schlegel für das Oratorium im Pfarrhaus Letmathe. Für die Heidelberger Kirche gestaltete Schlegel auch einen Tischaltar aus Eichenholz. Seither befinden sich in einigen liturgischen Räumen solche Holzaltäre, in Letmathe ebenfalls, aber auch im Andachtsraum des Herzzentrums Bad Oeynhausen oder im Pflegeheim des Johannesstifts in Paderborn.
Die Bauherren vom Johannesstift wünschten sich für ihr Sophie Camann Haus zudem ein Wandkreuz. Auch da zögerte Schlegel, bis ihn eine Idee überzeugte. Er machte von der Oberseite des Altartisches einen Abdruck. Und in dieser so entstandenen Betonplatte erkennt man eingezeichnet eine Kreuzesform.
Eine wuchtige hölzerne Eichenplatte in Kreuzform bildet den Hauptteil der von Schlegel gestalteten Altartische, gehalten durch zwei Seitenteile mit Aussparungen. So ist jeder Altar dreiteilig. Zunächst suchte Schlegel nur die Urgestalt eines Tisches herauszuarbeiten. Nach einem inneren Reifungsprozess kam er 1997 erstmals darauf, in dem Tisch einen Altar zu erkennen. Und zwar für eine vorrübergehende Installation in der Warburger Dominikanerkirche. Andere Aufträge folgten.
Derzeit wandert ein 30 cm hohes Modell dieses Altars durch die vier Gemeinden, die sich im Pastoralverbund Schloss Neuhaus neu zu der Gesamtgemeinde „Hl. Martin von Tours“ zusammengeschlossen haben. Für jede Gemeinde schuf Schlegel außerdem einen großen Papierausdruck der Oberseite des Altartisches. Alle Abdrücke haben das gleiche Urbild, sind aber trotzdem jeweils etwas unterschiedlich. „Wir bilden eine Einheit, aber jede Gemeinde behält ihr individuelles Gesicht“, so deutet Pfarrer Peter Scheiwe dieses Symbol: „Der eine Altar steht auf vier Beinen“.
Richard Schleyer