25.05.2016

Auf der grünen Wiese

Auf der Bundesstraße ist das Fahren recht angenehm. Nicht zu langsam und nicht zu hektisch, man sieht etwas von der schönen Gegend, die es ja in Ostwestfalen reichlich gibt.

Und man kriegt noch einigermaßen mit, was dort passiert oder auch nicht passiert. Links auf der Wiese zum Beispiel liegt eine Kuh. Oh Schreck, ist sie tot? Nein, es sieht eher nach einem Nickerchen aus und sofort springt in einem die klassische Gedankenkette an: Wie beneidenswert! Sich am hell-
lichten Tag einfach dort, wo man gerade ist, hinwerfen, ausruhen, wiederkäuen. Im Hier und Jetzt sein und die anderen fahren lassen. Kein Wettbewerb um einen herum, kein Abstieg in die dritte Liga, kein letzter Platz beim Eurovision-Songcontest, keine Häme, ahnungslos in Sachen Donald Trump oder AfD. … Ach, man möchte sich daneben legen, man möchte eine Kuh sein.

Na ja, nicht immer. Wenn es regnet oder die Eisheiligen das Wetter machen, dann natürlich nicht. Doch für einen sonnigen Nachmittag, da könnte man mal tauschen. Man hätte ihr schließlich einiges zu bieten: Mehr Vokale zum Beispiel. Und eine reichhaltigere Speisepalette. Die Fähigkeit, nach vorn, nach hinten, nach rechts und links zu denken. Freundschaften zu schließen, ein Lied zu singen, Geschichten anderer Menschen zu hören, manchmal zu erleben. Und das alles vielleicht in einem höheren Zusammenhang sehen. Denn schließlich hat man eine Verheißung, aus der man lebt bzw. auf die man hinlebt und die natürlich – hoffentlich – auch der Kuh gilt, von der sie aber mutmaßlich nichts ahnt. Und diese Ahnung, mehr ist es ja manchmal nicht, macht das Leben reich und einen selbst gelassener. Jedenfalls hätte sie das Zeug dazu, wenn man ihr mehr Raum im Leben gäbe.

Ob die Kuh mitmachte? (Was dann wohl in dieser Rubrik zu lesen wäre …?)

Claudia Auffenberg

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