14.03.2018

Aus den Augen, aus dem Sinn

Foto: angieconsious / pixelio

So, nachdem nun alle ordentlich (und in der Sache vielleicht nicht ganz zu Unrecht) auf die Leute von der Essener Tafel eingedroschen haben, können wir uns mit dem Problem an sich befassen. Von außen betrachtet ist klar, warum Leute eine Tafel aufsuchen. Aber womöglich gibt es noch einen Grund.

von Claudia Auffenberg

Wer zur Tafel geht, trifft dort Menschen, die in derselben Situation sind. Sprich: Hier braucht sich niemand vor dem anderen zu schämen, man ist unter sich, man weiß, mit was er oder sie sich plagt.

Damit sind wir beim Thema Einsamkeit, einem der ganz großen Probleme unserer Zeit. Wir sind vernetzt wie nie, aber anscheinend auch einsam wie nie. Die britische Premierministerin Theresa May hat jetzt sogar eine Staatssekretärin mit diesem Fachgebiet betraut, seit Januar dieses Jahres gibt es in Großbritannien „a minister for loneliness“. Für zu viele sei Einsamkeit eine „traurige Realität des modernen Lebens“, so May. Mit der Beauftragung wolle sie die Gesellschaft, genauer gesagt: „all of us“ – uns alle, damit konfrontieren.

Der Einsamkeit zu begegnen ist nicht einfach. Schon zuzugeben, dass man es ist, kostet Überwindung, weil es so klingt, als sei man irgendwie komisch, nicht gesellschaftsfähig, jedenfalls selbst schuld. Aber das stimmt nicht. Alter, Krankheit und Armut machen einsam. Und: Auch Einsamkeit macht einsam. Will sagen: Man kann noch so engagiert gewesen sein, wenn man erst mal von der Bildfläche verschwunden ist, gerät man erschreckend rasch in Vergessenheit. Aus den Augen, aus dem Sinn. Auch Kirchengemeinden und Verbände sind oft geschlossene Gesellschaften, obwohl sie es selbst nicht so empfinden und es nicht sein wollen. Aber vielleicht könnten sie es Theresa May nachtun und in ihren Reihen einen „minister for loneliness“ benennen. Ideen, was so jemand konkret initiieren kann, gibt es bei Kirchens auch: die kfd mit ihren Mitarbeiterinnen im Besuchsdienst, den Malteser­ruf in Dortmund, die Caritas-­Konferenzen oder Alleinerziehenden-­Gruppen.

Die Instrumente sind da, der Auftrag auch, denn: Ein Grundvollzug der Kirche ist die Communio, die Gemeinschaft.

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