Ausdruck der Barmherzigkeit
Medizinische Versorgung für Menschen ohne Krankenversicherung (vorne, v. l.): Dr. Felizitas Hoferichter, Stephan Graf von Spee, Johanna Gräfin von Brühl, Erzbischof Hans-Josef Becker, Dr. Gabrielle von Schierstaedt, Christine Becker, Nicola Mühlhahn sowie (hinten, v. l.) Ilse Zalewski, Andreas Bierod, Reinhard Biehl, Hubert Berschauer, Angelika Bocionek und Dr. Jan Birringer.
Siegen. Sie ist eine wichtige Anlaufstelle für Menschen ohne Krankenversicherung: die Ambulanz im Pfarrheim der katholischen St.-Marien-Gemeinde in Siegen. Für die im September eröffnete Einrichtung der Malteser hat nun Erzbischof Hans-Josef Becker die Schirmherrschaft übernommen.
Schätzungsweise 80 000 Menschen in Deutschland sind nicht krankenversichert. Damit sie dennoch medizinischen Beistand erhalten können, gibt es die „Malteser Migranten Medizin“ (MMM). Das Angebot in Siegen ist das erste MMM im Erzbistum Paderborn. Die Ambulanz im Pfarrheim St. Marien Siegen-Mitte kümmert sich um Menschen, die bei Krankheit nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen, weil sie nicht krankenversichert sind: Dazu gehören Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus. Dazu gehören aber auch viele Einheimische, die selbstständig waren und sich nach der Insolvenz ihre private Krankenversicherung schlicht nicht mehr leisten können und durch das soziale Netz fallen. Diesen Menschen bieten die Malteser in Siegen anonyme medizinische Erstversorgung: schnell, unbürokratisch und kostenfrei. Das niedrigschwellige Angebot, das sich über Spenden finanziert, wird von ehrenamtlich tätigen Ärzten und Sprechstundenpersonal gestemmt.
Ein Engagement, das nicht unbeachtet blieb: Paderborns Erzbischof Hans-Josef Becker übernahm im Rahmen einer Feierstunde die Schirmherrschaft über die MMM Siegen. Vor 50 geladenen Gästen wünschte er dem Team Gottes reichen Segen, sagte seine tatkräftige Unterstützung zu und segnete die Räumlichkeiten. Gerade erst sei das von Papst Franziskus ausgerufene „Jahr der Barmherzigkeit“ zu Ende gegangen. Und Barmherzigkeit werde durch die Ambulanz der Malteser in Siegen in besonderer Weise zum Ausdruck gebracht, so der Erzbischof. „Diese Schirmherrschaft soll ein beständiges Gebet sein, eine dauerhafte Zuwendung.“
„80 000 Menschen in Deutschland: Auf den Kreis Siegen-Wittgenstein heruntergerechnet sind dies rund 350 Personen“, sagte Reinhard Biehl, Kreisbeauftragter der Malteser. Überrascht habe die Malteser die große Spendenbereitschaft der Menschen im Siegerland, sagte Biehl. So gab es neben großzügigen finanziellen Zuwendungen auch einige Sachspenden – vom Desinfektionsmittel über Verbandmaterial bis zum Ultraschallgerät. Diese waren auch bitter nötig, hatte die MMM doch fast bei „Null“ angefangen. Neben dem guten Willen gab es im vergangenen Sommer lediglich die Räume im Pfarrheim – einen Wartebereich, ein Sprechzimmer und ein kleines Lager. Binnen kurzer Zeit wurde die gesamte Infrastruktur einer kleinen Arztpraxis aus dem Boden gestampft, wie die ehrenamtlich tätige Ärztin Dr. Felizitas Hoferichter erläuterte. Zusammen mit 6 weiteren Ärzten sowie 14 Pflegefachkräften und medizinischen Fachangestellten führt sie die Ambulanz. In den Räumen des Pfarrheimes kann eine medizinische Grundversorgung geleistet werden. Alles, was darüber hinausgeht, erfolgt in Kooperation mit Fachärzten und Kliniken im Umfeld. In und um Siegen bauen die Mediziner daher jetzt ein Netzwerk auf, um ihre Patienten in weiterführende Behandlungen zu vermitteln.
Doch es kommen nicht nur Menschen mit körperlichen Beschwerden – oftmals sind aufenthaltsrechtliche Fragen zu klären und die Frage, wie die Patienten der MMM schnellstmöglich wieder in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden können. Für diese Beratung ist Ilse Zalewski von der Siegener Caritas zuständig. Die Koordinatorin kümmert sich auch um die Akquise von Spenden.