Aussäen und ausstreuen
Foto: M. Großmann / pixelio
Oha! Schon wieder eine Studie und schon wieder gibt es Unerfreuliches über die Kirchen. Und, auch das muss man sagen, schon wieder nichts wirklich Neues. Denn dass man nicht gerade von missionarischen Aufbrüchen umzingelt ist, das weiß man auch ohne Studie.
von Claudia Auffenberg
Jetzt weiß man es offiziell: Die Zahl der Kirchenmitglieder (beider Kirchen) wird sich bis 2060 halbieren. Manchmal braucht es offenbar Studien, damit Bewegung in die Sache kommt, weil man dann argumentieren kann. Und manchmal braucht es offenbar auch die Androhung von weniger Geld, damit sich Dinge, die man längst als falsch oder wenigstens nicht so gut erkannt hat, auch wirklich ändern.
Was nun die katholische Kirche angeht, muss man sagen, dass Änderungsvorschläge seit Langem auf dem Tisch liegen. Sogar der Psychiater Manfred Lütz, bislang wirklich nicht als oberster Revoluzzer von linkskatholischer Seite bekannt, sagte jetzt in einem Interview: „Ich bin für eine Entmachtung der Priester und für mehr Macht für Frauen in der Kirche.“ Und für alle, die argumentativ in die Sackgasse der Tradition geraten sind, die also immer betonen, „man könne nicht, weil man noch nie“, hat er eine beruhigende Nachricht. Die Tradition ist gar keine Sackgasse, sondern vielmehr die Quelle der Innovation: „Historiker sagen uns, dass es kein Zufall ist, dass sich die Frauenemanzipation in christlichen Gesellschaften entwickelt hat. Und Feministinnen betonen, dass der einzige Ort, an dem man im Mittelalter einer patriarchalen Gesellschaft entgehen konnte, die katholischen Orden waren.“ Na bitte!
Unsereins fällt jedenfalls das Gleichnis von den Talenten ein, also die Geschichte der drei Diener, die mit den ihnen anvertrauten Talenten unterschiedlich umgehen. Zwei setzen sie ein, der dritte vergräbt es lieber. Was könnte das Gleichnis für heute sagen? Vielleicht dies: Talente in so etwas wie Geschäftsordnungsdebatten zu versenken, ist nicht im Sinne des Herrn. Der Herr im Gleichnis sagt übrigens einen interessanten Satz zu dem dritten Diener: „Du hast gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe.“
Aussäen und ausstreuen ist also anderer Leute Sache.