Bei ethischen Fragen nicht allein
Dr. Mechthild Herberhold, Andrea Baxpöhler, Ulrike Molitor und Elisabeth Jünemann (v.l.) präsentierten Broschüre und Leitbild. Foto: Wiedenhaus
Erzbistum. Das Leben in einem Pflegeheim stellt Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter immer wieder vor neue Fragen und Herausforderungen: Etwa dann, wenn es darum geht, was „gut“ und „richtig“ ist. Darf man eine Bewohnerin daran hindern, das Haus zu verlassen, wenn sie die Gefahren des Straßenverkehrs nicht mehr überblickt? Sollen Pflegekräfte einen Bewohner gegen seinen Willen lagern, damit er sich nicht wund liegt?
Bereits seit 2013 bietet der Verein katholischer Altenhilfeeinrichtungen (VKA) in seinen Einrichtungen für solche Fälle moderierte ethische Fallgespräche an, um gemeinsam eine Entscheidung zu treffen, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt. „Gemeinsam entscheiden“ ist auch eine Broschüre überschrieben, die der VKA seit Kurzem Mitarbeitern, Angehörigen und Bewohnern an die Hand gibt.
„Ethische Fallgespräche tragen wesentlich dazu bei, dass man nach einer Entscheidung gut schlafen kann“, bringt es die Autorin und Ethikberaterin Dr. Mechthild Herberhold auf den Punkt: Das Ziel der Gespräche ist eine gemeinsam getroffene Entscheidung im Sinne des Bewohners, die die Interessen aller Beteiligten bei ethischen Fragen berücksichtigt. Grundlegend ist dabei, das machten die Verantwortlichen des VKA bei der Vorstellung deutlich, dass die Entscheidung letztlich von demjenigen getroffen und verantwortet wird, der beispielsweise als Betreuer für einen Heimbewohner handelt: Der Beratungsprozess bildet die Basis der Entscheidung. Es geht nicht um Einflussnahme. In der Broschüre heißt es dazu: „Die Gesprächsrunde kann Sie beraten, nimmt Sie aber als Verantwortliche ernst.“
Beispielhaft wird in der Broschüre der Fall einer 76-jährigen Bewohnerin geschildert, die plötzlich die Körperpflege verweigert. Gemeinsam mit den Töchtern der Bewohnerin, einer Moderatorin und Pflegekräften wird eine Lösung gefunden, die die Verantwortung für die Gesundheit der Bewohnerin ebenso respektiert wie der Wunsch der 76-Jährigen „in Ruhe gelassen zu werden“. Die Rolle der Angehörigen, Ablauf und Situationen, in denen sich derartige Gespräche anbieten, werden in der Broschüre ebenfalls vorgestellt.
„Wir verstehen diese Broschüre ausdrücklich als Einladung an Angehörige, mit uns in ethischen Fragen zusammenzuarbeiten und gemeinsam nach Lösungen zu suchen“, machte Andrea Baxpöhler vom Vorstand der VKA bei der Vorstellung deutlich.
Gleichzeitig mit der Broschüre wurde auch das überarbeitete Leitbild des VKA präsentiert: Es wurde auf der Grundlage der zehn Gebote erstellt. Dabei wurden die biblischen Aussagen auf die Aufgaben und Ziele katholischer Altenhilfeeinrichtungen in der heutigen Zeit übertragen; etwa wenn das Vierte Gebot „Du sollst Vater und Mutter ehren“ mit dem Grundsatz der Generationensolidarität in der Gesellschaft in Verbindung gebracht wird.
Andreas Wiedenhaus
INFO:Der Verein katholischer Altenhilfeeinrichtungen (VKA e. V.) mit Sitz in Hamm unterhält im Erzbistum Paderborn 18 Wohn- und Pflegeheime, vier Tagespflege-Einrichtungen, die an die jeweiligen Häuser vor Ort angegliedert sind und den ambulanten Pflegedienst „VKA ambulant”. Die Broschüre und das Leitbild gibt es in allen Einrichtungen.