Bernhard Schmidt, Iris Brüggemann und Rainer Asshauer (von links) haben umfangreiche Nachforschungen über das Wirken von Pater Kilian Kirchhoff angestellt. Foto: Lüttecke
Finnentrop-Rönkhausen. Den Märtyrertod hat vor 75 Jahren Pater Kilian Kirchhoff OFM durchlitten. Der Franziskaner, der aus Rönkhausen stammt, wurde am 24. April 1944 in Brandenburg-Görden enthauptet. Die Hinrichtung unter dem Fallbeil erfolgte an einem Karfreitag um 15.20 Uhr, der Sterbestunde Jesu. Pater Kilian ist der einzige Geistliche aus dem Erzbistum Paderborn, der vor dem damaligen Volksgerichtshof in Berlin zum Tode verurteilt wurde. Die Urne mit der Asche wurde am 1. April 1950 in der Gruft des Franziskanerklosters Werl auf dem dortigen Parkfriedhof beigesetzt.
von Meinolf Lüttecke
„Ein Seligsprechungsprozess für Pater Kilian Kirchhoff ist nicht zu spät“, sagte Prälat Prof. Dr. Helmut Moll (Köln), der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für das Martyrologium des 20. Jahrhunderts. „Die Aussichten dafür sind gar nicht so schlecht“, antwortete er auf eine Frage während eines Experten-Dialoges, der anlässlich eines Gedenkens in Pater Kilians Heimatort stattfand. Prälat Moll, der von 1984 bis 1995 im Dienst der Römischen Kurie stand, betonte, Pater Kilian müsse aber noch bekannter werden, etwa durch Vorträge. In einer Liste konnten die Anwesenden mit ihrer Unterschrift diesem Ansinnen der Seligsprechung Ausdruck verleihen.
Ein Seligsprechungsverfahren könne aber nur der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker eröffnen, erklärte Moll. Mit einem Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche St. Antonius Einsiedler begann die Zusammenkunft zum 75. Todestag des großen Rönkhauser Sohnes und Franziskaners Kilian Kirchhoff. Pfarrer Raimund Kinold, der der Messe vorstand, erinnerte daran, dass Pater Kilian ein Glaubenszeuge war, „ein Mensch, der fest im Glauben gestanden hat“. Für Rönkhausen recht ungewöhnlich, standen mit Prälat Moll, den Patres Preker, Igges und Wrede sowie Pastor Mysliwiec zahlreiche weitere Geistliche am Altar. Bei der Messfeier kam der Primizkelch Pater Kilians zum Einsatz, der aus Oerlinghausen, der ersten Wirkungsstätte von Pater Kilian, ausgeliehen wurde.
Im Pfarrheim, das den Namen Pater Kilians trägt, begrüßte der Pfarrgemeinderatsvorsitzende Bernhard Schmidt die zahlreich Gekommenen und begann gleich mit einem Zitat des früheren Pfarrers Joachim Hapig: „Gebe Gott, dass Rönkhausen den 24. April 1944 nie vergisst, an dem Pater Kirchhoff OFM in Brandenburg/Havel hingerichtet wurde.“ Er führte zahlreiche Veranstaltungen auf, die im Laufe der Jahre zum Todestag des Franziskaners stattfanden, „um sein Glaubens- und Lebenszeugnis nicht zu vergessen“.
Schmidt erinnerte auch an die fast übermenschliche Leistung Pater Kilians, der neben seiner Priestertätigkeit ein zehnbändiges Werk mit Übersetzungen aller tages- und jahreszeitlichen Hymnentexte der Ostkirche erstellte. Die Verbreitung der Bände erfolgte in 39 Weltsprachen und auf vier Kontinenten.
Von der neunmonatigen Recherchearbeit über das Leben von Pater Kilian berichtete anschließend in einem umfangreichen Vortrag Iris Brüggemann vom Pfarrgemeinderat. Sie könne fünf Stunden füllen, sagte die Schriftführerin, die mit Bernhard Schmidt und Rainer Asshauer viel Zeit investierte und mit bisher unveröffentlichtem Material aufwartete. So interviewte sie den Zeitzeugen und Neffen von Pater Kilian, den fast 100-jährigen Herbert Kirchhoff.
Josef Kirchhoff (Kilian ist sein Ordensname) wurde am 17. Dezember 1892 in Rönkhausen als achtes Kind der Eheleute Johann Heinrich Kirchhoff und Maria Katharina, geborene Huxol, im Haus „am Canal“ geboren. Bereits mit 13 Jahren war Josef Kirchhoff Vollwaise und wuchs somit als Pflegekind auf. Im Jahr 1907 trat der begabte Junge in die Untertertia des Rivius-Gymnasiums in Attendorn ein. Er lebte in der Familie Peter Baußmann, die das geistige Interesse von Josef Kirchhoff ausdrücklich förderte.
Im Jahr 1914 trat Josef Kirchhoff in Warendorf in den Franziskanerorden ein. Bereits 1916 wurde er Soldat im Ersten Weltkrieg, nach der Heimkehr vollendete er seine theologischen Studien und wurde 1922 als Pater Kilian in Paderborn zum Priester geweiht. Sein großer Wunsch, ausschließlich in der Wissenschaft zu arbeiten, erfüllte sich für den großen Kenner und Liebhaber alter Sprachen nicht. Sein Orden setzte ihn als Seelsorger in verschiedenen Orten ein.
Sein zehnbändiges Werk mit Übersetzungen der Hymnentexte der Ostkirche brachte ihm internationale Anerkennung. „Er war einer der ganz großen Gelehrten“, schreibt die Publizistin Dr. Magdalene Padberg unter der Überschrift „Ein Blutzeuge aus Rönkhausen“ in einem Beitrag für das Buch „Finnentrop – Eine Gemeinde im Sauerland“. Erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde der Verdienst dieses schlichten Franziskaners deutlich: Er hat wesentliche Voraussetzungen zur Verständigung zwischen dem römischen und griechischen Katholizismus geschaffen.
Um so tragischer ist es, dass er sein Leben wegen einer einzigen Zeugenaussage lassen musste. Das Drama begann im Oktober 1942, als Pater Kilian Kirchhoff sich zu einem Erholungsaufenthalt nach Wiedenbrück begab. Zuvor besuchte er noch vom 6. bis 8. Oktober 1942 eine Familie, zu der er freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Er wusste, dass Maria Gies, eine der beiden Töchter des Hauses, eine überzeugte Nationalsozialistin war. Einige unbedachte Äußerungen über den Krieg und führende Nationalsozialisten sollten für Pater Kilian zum Verhängnis werden.
Bereits einen Tag nach dem Besuch erstattete Maria Gies Anzeige. Dann dauerte es bis zum 21. Oktober 1943, bis Pater Kilian in Dortmund-Hörde verhaftet wurde. Der Rönkhauser wusste, was das bedeutete. „Jetzt geht der Kopf ab“, sagte er, als der Gestapo-Mann ihn zur Vernehmung abholte. Im Prozess am 7. März 1944 erklärte die Zeugin, dass sie nichts gegen den Angeklagten persönlich habe, sondern lediglich Priester hasse, da sie Gegner des Nationalsozialismus seien. „Was liegt uns an der byzantinischen Kirche?“, fragte Volksgerichtshofpräsident Roland Freisler höhnisch angesichts der Leistungen von Pater Kilian. „Was tun wir mit Marienhymnen? Wir müssen siegen!“ Anschließend verurteilte er den Franziskanerpater zum Tode. Zur Begründung nannte er „feindliche Äußerungen“ gegen Hitler-Deutschland.
Dem Pfarrgemeinderat St. Antonius Einsiedler Rönkhausen sei es „ein tiefes Bedürfnis, das Andenken an Pater Kilian Kirchhoff in seinem Heimatort und über dessen Grenzen hinaus zu bewahren“, sagte Iris Brüggemann vom Pfarrgemeinderat.