24.02.2017

Brückenbauer

Foto: Hans-Joachim Treller / pixelio

In den Tagen rund um die Bundespräsidentenwahl war häufig die Rede davon, dass die Gesellschaft in Zeiten wie diesen einen Brückenbauer brauche. Bei dem Wort merkt man als Katholik natürlich auf, denn irgendwie gehört diese Zunft ja zu uns. Brückenbauer heißt auf Latein Pontifex.

von Claudia Auffenberg

Kurz eine kleine Schlaumeierei: Anders als man denkt, ist mit diesem Begriff schon im alten Rom kein Handwerker benannt worden, sondern der Inhaber eines Amtes, das immer auch sakralen Charakter hatte. Die Amtsträger waren lange im Besitz der geheimen Gebetsformeln. Es gab immer mehrere Brückenbauer, der Vorsitzende dieses Gremiums war der oberste Brückenbauer, der Pontifex maximus. Später übernahm der Kaiser diesen Titel, um 600 dann der Papst.

Und nun also nicht offiziell, aber doch in der Beschreibung: der Bundespräsident. Es ist schon faszinierend, dass auch ein säkularer Staat ein solches Amt an seiner Spitze hat: ein Amt, dessen Inhaber nichts zu sagen hat und doch so viel, ein Amt mit geringer Kompetenz und höchster Autorität. Faszinierend ist auch, dass die Menschen in diesem Lande spüren, wer dafür geeignet ist und wer nicht.

Was bedeutet das? Vielleicht dies: Dem Menschen wohnt eine Ahnung davon inne, dass das Leben eine Dimension hat, die zwar nicht geheim, aber doch irgendwie verborgen ist, für die man eine Antenne haben muss, die man nicht googeln kann und die man auch nie im Lexikon nachschlagen konnte. Eine Dimension, die sich nicht im Diesseits, sondern aus dem Jenseits speist und für deren Zugang man eben über eine Brücke gehen muss. Pontifex, das könnte auch ein schöner Titel für alle getauften und gefirmten Christen sein, die doch im Prinzip genau diese Aufgabe anvertraut bekommen haben. Sie müssten ja nicht gleich Pontifex maximus heißen, für die eigene Nachbarschaft reichte womöglich ein Pontifex normalicus. Oder so ähnlich.

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