Das Band der Liebe
Foto: Simone Heinz / pixelio
Anfang Oktober 2013 ereignete sich eine Katastrophe vor Lampedusa. Etwa 300 Flüchtlinge ertranken. Vielleicht erinnert sich noch jemand an die Bilder, so lange ist es noch nicht her. Ein sichtlich erschütterter EU-Kommissionspräsident namens José Manuel Barroso stand auf der Insel vor ihren Särgen, darunter auch kleine in Weiß.
von Claudia Auffenberg
Die Toten bekamen ein Staatsbegräbnis. Tatsächlich. „Europa kann nicht akzeptieren, dass viele Tausend Menschen an seinen Grenzen umkommen“, sagte Barroso damals.
Europa hat es längst akzeptiert. Allein in diesem Jahr sind schon über 1 400 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Und die, die versuchen, ihnen zu helfen, werden vor Gericht gestellt. In Europa.
Zu den Bildern des Jahres 2018 gehören ganz sicher die aus Thailand. An den heldenhaften Einsatz von Mensch und Material, mit dem die jugendliche Fußballmannschaft der Höhle abgetrotzt worden ist, werden wir uns sicher erinnern. Wichtig war in diesen Tagen nur eins: das Leben der Jungs zu retten, vielleicht auch den Ruf Thailands, egal, meinetwegen. Hauptsache, die Kinder leben. Wäre jemand auf die Idee gekommen zu sagen: „Wir retten die nicht. Zu teuer. Und was treiben die überhaupt in der Höhle?“ Nein! Natürlich nicht. Und wenn, dann wäre wohl weltweit ein Sturm der Entrüstung über denjenigen hereingebrochen.
Aber vor unserer Tür geschieht das. Kinder sterben, weil es uns in Europa zu teuer ist, sie zu retten. Weil wir glauben, wir könnten das nicht verkraften. Weil irgendwer uns einredet, dass wir nicht alle Flüchtlinge der Welt aufnehmen können. Als ob sie alle zu uns wollten.
In dem wirklich sehenswerten Film von Wim Wenders sagt Papst Franziskus sinngemäß, das einzige, was alle Menschen wirklich miteinander verbinde, sei das Band der Liebe Gottes. Das ist ein starker Gedanke, den man mal wirken lassen muss. „Wo bist du?“, fragt Gott den Adam. Gott ruft nach dem Menschen.