Das Gleichnis vom Handschuh
Foto: Antje Warmbrunn / pixelio
In diesen Wintertagen sieht man ab und zu verlorene, einzelne Handschuhe. Mal liegen sie am Wegesrand, mal hat sie ein hilfsbereiter Zeitgenosse auf eine Hecke gelegt oder in Augenhöhe in einen Busch gehängt, damit der Besitzer ihn finden möge.
von Claudia Auffenberg
Das geschieht vermutlich eher selten, man kennt das aus eigener Erfahrung: Der Handschuh wird zwar schmerzlich vermisst, aber wo hat man ihn bloß verloren? Wo soll man suchen? In den Sakristeischränken der Diözese kann man vermutlich eindrucksvolle Sammlungen solcher Art besichtigen.
Irgendwie hat der Anblick eines einzeln herumliegenden Handschuhs am Wegesrand etwas Melancholisches. Da liegt er nun, ist seiner Bestimmung beraubt und vermutlich für immer verloren. Die, die ihn sehen, können ja auch nichts mit ihm anfangen. Weiß er, dass er gesucht wird? Na ja, so ein Handschuh wird wohl keine Gefühle haben, aber das Kind in einem erinnert sich, wie es früher natürlich mit Teddys und Puppen angeregte Gespräche geführt hat. Nun muss man vielleicht gar nicht diese Kurve nehmen, man könnte den verlorenen Handschuh ja auch mal als Gleichnis für die verlorenen Menschen nehmen, die uns in den Kirchen in den letzten Jahren abhanden gekommen sind. Da fallen einem gleich mehrere Leute ein, die man schon lange nicht mehr gesehen hat und von denen man gar nicht weiß, warum nicht oder wo sie eigentlich geblieben sind. Auf welcher Wegstrecke hat man sie verloren? Wo soll man nach ihnen suchen? Und im Gegensatz zu einem Handschuh haben diese Menschen Gefühle und ihnen täte es vielleicht gut zu wissen, dass sie vermisst werden. Wenn sie denn vermisst werden. Das ist ja auch so ein Phänomen, von dem man immer wieder hört, dass Leute gar nicht den Eindruck haben, dass ihre Pfarrgemeinde sie vermisst.
Dabei sagt uns doch das Gleichnis vom verlorenen Handschuh, dass auch der andere Handschuh, der noch da ist, im Prinzip wertlos geworden ist.