22.01.2016

Das Wort Gottes leben

Die Kirche auf der Fazenda wurde für den Besuch von Papst Benedikt XVI. gebaut. Foto: privat

Iserlohn. 26 junge Menschen aus dem Pastoralverbund Iserlohn hatten die Möglichkeit, zwei Wochen zur Fazenda da Esperança nach Brasilien zu reisen. Dort durften sie unglaublich viele Erfahrungen sammeln, die sie in ihrem Glaubensleben sehr prägten.

Die Fazenda da Esperança (auf deutsch: Hof der Hoffnung) ist ein Ort für drogenabhängige Jugendliche, die durch die drei Säulen „Arbeit“, „Gemeinschaft“ und „Spiritualität“ wieder zurück ins Leben finden. Dabei spielt der Glaube eine zentrale Rolle. Der Glaube wird dort ganz anders praktiziert, auch wenn er inhaltlich der gleiche ist, wie der, den wir kennen.

Diese Erfahrung konnte Vikar Stefan Kendzorra als Missionar auf Zeit vor einigen Jahren selbst machen und er wollte die Erfahrung des gelebten Wortes auf der Fazenda uns Jugendlichen aus Iserlohn ebenfalls ermöglichen. Deshalb machte sich die Gruppe nach Weihnachten auf den Weg ins weit entfernte Brasilien. Das Land war für uns alle fremd, neu und hat alle von Anfang an überzeugt. Auch die Natur ist so beeindruckend anders.

Das Leben auf der Fazenda, das Miteinander dort, gab den Iserlohnern erst die Möglichkeit, zu einer neuen Gruppe zusammenzuwachsen. „Dank der Erfahrungen auf der Fazenda sind wir zu der Gruppe geworden, die wir jetzt sind. Wir haben gelernt, vieles mit anderen Augen zu sehen – besonders was den Glauben betrifft“, berichten die jungen Leute.

Direkt nach der Ankunft erlebten sie einen kleinen Kulturschock. Sie stellten ihre Koffer ab und gingen direkt zur Messe. Die Messe ist laut, rhythmisch und sehr fröhlich. Der Glaube wird in Brasilien ganz anders praktiziert. Diese Freude im Gottesdienst ist unglaublich schwer zu beschreiben, so etwas muss man selbst erlebt haben.

Das gemeinsame Feiern in der Messe wurde für alle in der Silvesternacht besonders deutlich. Mehrere Drogenabhängige erzählten über das Mikrofon ihre Geschichte – warum sie Drogen nahmen, was die Droge bei ihnen angerichtet hat und was die Fazenda mittlerweile für sie bedeutet. Beim Erzählen hatten wirklich alle Tränen in den Augen. „Wir nahmen uns alle gemeinsam in die Arme und wir waren füreinander da.“

Das Schöne auf der Fazenda ist, dass das christliche Leben nicht aufhört, sobald man die Kirchentür hinter sich lässt. Dieses Leben geht auf der Fazenda weiter, die Menschen dort sind nicht nur in der Messe füreinander da, sie sind immer füreinander da. Das hat die Iserlohner Gruppe sehr geprägt. Sie wuchs zu einer Gemeinschaft zusammen – ganz nach dem Motto der Fazenda „Somos Familia, somos Esperanca“ – „Wir sind Familien, wir sind Hoffnung“.

Das Zusammenwachsen der Gruppe aus Iserlohn machte die nachfolgenden Tage noch schöner als erwartet. Denn die jungen Christen bekamen auch etwas von Brasilien zu sehen. Deshalb standen noch Rio de Janeiro und São Paulo auf dem Plan.

Rio ist eine Stadt, die sehr viele Sehenswürdigkeiten bietet. Aber am interessantesten war die Christusstatue. Die Gruppe feierte im Fuß der Statue eine heilige Messe. Diese war auf eine andere Weise prägend, als die Messen auf der Fazenda. Es war schön, die Lieder selber auszusuchen und die besondere Atmosphäre genießen zu können. Auch die Kurzpredigt von Vikar Kendzorra hat in diesem Moment sehr gut gepasst. Er hofft, dass alle die vielen Erfahrungen in ihren Herzen behalten und mit nach Iserlohn nehmen, um den Glauben auf eine neue Weise vor Ort zu leben.

Ein kleiner Teil davon wurde schon zusammen umgesetzt – sowohl auf der Fazenda, als auch bei unserem Besuch in São Paulo. Die Gruppe besuchte die „Missão Belém“, ein Projekt eines italienischen Priesters, der mit Drogensüchtigen in der Cracolandia, der gefährlichsten Straße Brasiliens, zusammenlebte. Indem er mit ihnen auf der Straße lebte, wollte er ihnen die Chance ermöglichen, sich von der Drogensucht zu befreien. Die „Missão Belém“ setzt dieses Projekt weiter um. Jetzt sind Missionare, ebenfalls ehemalige Drogenabhängige wie auf der Fazenda, die verbindende Hand zwischen vielen Drogensüchtigen und Gott.

In der Cracolandia erlebten die Iserlohner, wie schlecht es Menschen dort geht. Sie waren bei den Ärmsten der Armen Brasiliens und haben ihnen die Hand gereicht. An dem Abend konnten sie mit den Missionaren 17 Abhängige überzeugen, mitzugehen und die Cracolandia zu verlassen. „Alleine die Tatsache, dass man mit einem einfachen Lächeln so viel Gutes tun kann, ist unbegreiflich und hat unsere Augen neu geöffnet. Man kann mit der Kleinigkeit eines Lächelns einem Menschen zeigen, dass er kein Abschaum ist, dass er genauso wertvoll ist wie alle anderen auch. Wir nehmen sehr viele Erfahrungen mit nach Iserlohn und hoffen, dass wir das Evangelium auch hier in die Tat umsetzen können. Das bedeutet für uns das Wort Gottes zu leben!“, ziehen die jungen Christen Bilanz.

Laura Strelzyk

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