„dennoch.“- Konferenz – Warum und wozu sind wir Kirche?
Die Vertreter der Träger der Konferenz (von links): Peter Unterberg (Porticus), Dr. Miriam Zimmer (zap), Ingo Imenkämper (Bonifatiuswerk), Moderatorin Jutta Loke und der Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer. (Foto: Matthias Band)
Ideen von Mut und Zuversicht statt Untergangsszenarien: Mehr als 500 Menschen haben sich am vergangenen Wochenende in Hannover zur „dennoch.“-Konferenz getroffen und nach neuen Impulsen für die Kirche gefragt. Sie wollen die Kirche nicht aufgeben.
Hannover (KNA). „Heimat“ steht auf transparenten Zetteln, „Zuhause“ und „Heimatgefühl“. Aber auch: „Gottesbegegnung. Glaubensgemeinschaft. Sehnsucht. Hoffnungsträger“. Oder „Weil die Botschaft stimmt“ und „Weil es Zukunft geben muss“. Verfasst wurden sie von Teilnehmenden der „dennoch.-Konferenz für Neues in Kirche“, die am Wochenende in Hannover tagte. Es sind mehrere Hundert Antworten auf die Frage: Warum und wozu sind wir Kirche?
Sie drängt sich angesichts der Zeitdiagnose auf: Missbrauchsskandal, Glaubwürdigkeitskrise, rapide sinkende Mitgliederzahlen, Relevanzverlust. Was in der Kirche geschehen ist und immer noch geschieht, dürfe weder kleingeredet noch kaschiert werden, sagt Julian Heese vom Bonifatiuswerk, das Mitveranstalter der Konferenz ist. Zugleich gebe es weiterhin Menschen, „die sich für die befreiende Botschaft des Evangeliums einsetzen“.
Ähnliche Worte gibt es vom Theologen Thomas Arnold. Er warnt vor „Apokalypse-Junkies“ und mahnt Kirche und Gesellschaft zu Zuversicht. Welt, Kirche und Glaube – „nichts davon wird noch in zehn Jahren so aussehen wie wir es jetzt kennen“, sagt der Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen: „Es braucht Tatkraft, Mut, Demut und Empathie.“
Blickwechsel also für die rund 520 Ehren- und Hauptamtlichen, die neben Deutschland auch aus dem europäischen Ausland kommen. In Workshops diskutierten sie über ihre Bilder von Kirche, über Aufgaben im Sozialraum, über Kirche in Städten und Synodalität in Pfarreien, über neue Wege des Glaubens und darüber, wie sich Visionen entwickeln lassen.
Für die Pastoralreferentin Isabelle Molz aus dem Erzbistum Freiburg waren es wichtige Impulse. „Es gibt immer noch viele Menschen, die Kirche weiterdenken und ihr eine Chance geben, weil sie von ihrer Botschaft überzeugt sind.“ Sie zeigte sich überzeugt davon, dass Kirche nicht mehr ausschließlich in ihrer klassischen Form unterwegs sein könne.
„Wir müssen weg von einem ‚entweder-oder‘ und hin zu einem ‚sowohl-als-auch‘, wo verschiedene Angebote nebeneinander existieren können“, sagt Molz, die auch Mitglied im Theologischen Beirat des Berufsverbandes der Pastoraltheolog_innen Deutschlands ist. Dabei gehe es auch ums Ausprobieren: „Es muss nicht immer alles für die Ewigkeit sein, was das Label ‚katholisch‘ trägt.“
Christliche Tattoos
Manchmal ist es aber eben doch für immer. Bei einem „Free Tattoo Walk-In“ konnten sich Menschen in Wien christliche Motive stechen lassen. Das ist einfallsreich und kreativ, sagt das Bochumer Zentrum für angewandte Pastoralforschung (zap) und verlieh den Ordensgemeinschaften Österreichs dafür einen Innovationspreis. Das zap hat gemeinsam mit dem Bonifatiuswerk, dem Bistum Hildesheim und der Organisation Porticus die Konferenz organisiert.
Hildesheims Bischof Heiner Wilmer erinnert daran, wie kleine Gesten große Wirkung erzielen können. Prägend sei für ihn eine Geschichte aus der Kindheit gewesen, als in seinem Heimatdorf ein großes NATO-Manöver stattgefunden hatte. Als begeisterter Briefmarkensammler habe er einen General um eine Briefmarke aus den USA gebeten – und einige Wochen später tatsächlich einen handgeschriebenen Brief erhalten: „Ich habe das nie vergessen, weil so ein großer Leader der Welt einen Blick hatte für einen kleinen Boy.“ Ähnliches wünsche er sich auch von der Kirche – dass sie mehr auf die Menschen achte, die nicht direkt im Blick seien.
Doch auch das Innovationsgetriebe läuft nicht ohne Knirschen. Unterschiedliche Vorstellungen von der zukünftigen Gestalt von Kirche stoßen aufeinander – was Leitung bedeutet, wer Macht hat, wie Ressourcen verteilt werden. Dass Veränderung immer auch schmerzhafte Prozesse mit sich bringt.
Die Theologin Esther Göbel, die Seelsorge mit Windsurfen verbindet, diagnostiziert: In der Institution Kirche gibt es aktuell Flaute, Strom und Gegenwind zugleich. Die Pastoralreferentin aus dem Erzbistum Berlin weiß aber auch aus Erfahrung: „Man kann gegen den Wind fahren – man muss nur wissen, wie.“
Zur Webseite der „dennoch.“ – Konferenz kommen Sie hier.
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