Die andere Seite der Diva
Die Monroe mit ihrem dritten Mann Arthur Miller. Foto: KNA
Marilyn Monroe hat ein Gebetbuch hinterlassen, das mit Notizen gefüllt ist. Am kommenden Montag soll es versteigert werden. Das Startgebot liegt bei 4 600 US-Dollar.
von Thomas Spang (KNA)
Die Entdeckung des kommentierten Gebetbuches im Nachlass der vom Protestantismus zum Judentum konvertierten Film-Diva aus den USA sorgt seit dem Bekanntwerden für Aufsehen. Das große Interesse an dem „Siddur“ genannten Büchlein, was übersetzt so viel wie „Ordnung“ bedeutet, mag auch darin begründet liegen, dass es eine bisher unbekannte Seite der Schauspielerin in den Blick rückt. Es passt so gar nicht zu dem Image der aufreizenden Männerverführerin. In der Vergangenheit landeten vielmehr Monroes berühmter Lippenstift, Ledersandaletten und sogar ein Röntgenbild ihrer Brust in den Auktionskatalogen. Ihr jüdisches Gebetbuch verstaubte hingegen unbeachtet im Nachlass.
Marilyn Monroe konvertierte erst 1956 zum Judentum, als sie ihren dritten Mann, den Dramatiker Arthur Miller, heiratete. Eine Welthochzeit, die viele elektrisierte und manche den Kopf schütteln ließ. Die Medien stürzten sich genüsslich auf das ungleiche Paar: Das Sexsymbol ehelicht einen linken Intellektuellen. Experten vermuten, die Schauspielerin habe in den Notizen festgehalten, was ihr jüdischer Gatte Miller oder ein Rabbiner, der ihr das Bändchen schenkte, soufflierten.
Greenstein erhielt das Buch vor einigen Monaten von einem in Israel ansässigen Amerikaner, der es 1999 in einer von „Christie’s“ durchgeführten Auktion aus Monroes Nachlass erworben hatte. Das Gebetbuch ist verziert mit einem jüdischen Stern und einem Schofar, einem Widderhorn, dessen Töne an jüdischen Feiertagen erklingen. Es trägt den Aufdruck des „Avenue N Jewish Center“ in Brooklyn, der Synagoge, die Miller besucht hatte.
„Es bedeutet, dass sie tief im Inneren eine jüdische Seele hatte“, sagt Auktionär Greenstein. „Sie nahm ihren Glauben auch nach der Trennung von Arthur Miller sehr ernst. Sie verstand sich als jüdisch.“
Die jüdische Seite der Monroe gilt als Entdeckung. Zumal sie bei Pflegeeltern in Los Angeles aufwuchs, die sich bemühten, sie streng protestantisch zu erziehen. Miller verlangte von Monroe dagegen kein Bekenntnis zu seinem Glauben. Das belegen Briefe von Millers langjährigem Rabbiner Robert Goldburg aus der Zeit nach dem Tod Monroes. Sie konvertierte freiwillig.
Goldburg, der das Paar 1956 vermählte, erinnerte sich 1962 in einem Brief daran, wie er Monroe in ihrer Wohnung in Manhattan getroffen hatte und beeindruckt von „ihrem Charme“ war. „Marilyn war keine intellektuelle Person, aber sie war aufrichtig in ihrem Wunsch zu lernen“, schreibt der Rabbiner in dem Brief. „Ich hatte das Gefühl, dass sie die Grundprinzipien des Judentums verstanden und akzeptiert hat.“