Die Kopfwäscherin
Am 1. September ist Verena. Die Heilige ist hier auf einem Bild des 16. Jahrhunderts bei der Kopfwäsche eines Armen zu sehen.Foto: wikimedia
Fangen wir einmal so an: Aussatz ist ja immer auch eine Kopfsache: sich aussätzig fühlen, nicht dazu gehören, nicht wertgeschätzt werden, Außenseiter sein. Um aus dieser Rolle herauszufinden, braucht es eine liebe- und zugleich kraftvolle, aber auch nicht zu energische Zuwendung: die Kopfwäsche.
von Claudia Auffenberg
Dies ist vermutlich eine besondere Kompetenz des weiblichen Teils der Menschheit – und eine, die das besonders gut beherrschte, war die heilige Verena von Zurzach, eine der meist verehrten Heiligen der Schweiz. Dargestellt ist sie häufig mit Kamm und Krug, weil sie genau dies tat: Sie ging vor die Tore der Stadt zu den Aussätzigen und wusch ihnen den Kopf. Nicht nur im übertragenen Sinne, sondern eben auch sehr konkret.
Vielleicht hatte sie deshalb einen besonderen Blick für die Verdrängten, weil sie eine von außen, eine Ausländerin war. Geboren wurde Verena um das Jahr 250 in Theben, also in Ägypten. Der Legende nach ist sie das Kind wohlhabender Eltern, wird getauft und schließt sich als junge Frau der Thebäischen Legion an, die ihr Cousin, der hl. Mauritius, kommandiert. So gelangt sie nach Mailand. Die Soldaten ziehen weiter, sie bleibt und widmet sich schon hier der Krankenpflege. Als die Legion nahe des schweizerischen Solothurn das Martyrium erleidet, zieht sie hinterher, um die Toten zu bestatten. Auch hier erfahren die Menschen bald von ihrer besonderen Zuwendung. Immer mehr Kranke kommen zu ihr, bis der römische Statthalter Hirtacus der Sache ein Ende bereitet und sie in den Kerker sperrt. Doch bald wird er selbst krank. Und was macht er, der nun machtlose Statthalter? Er lässt Verena holen, die für ihn betet und er wird gesund. Dankbar lässt er sie frei. Verena bildet zunächst eine Gemeinschaft von Frauen um sich, zieht aber dann weiter nach Koblenz, später nach Zurzach. Wo immer sie auftaucht, kommen die Kranken zu ihr.
In Zurzach wohnt sie im Haus des dortigen Priesters, der einen Knecht hat. Dem macht die Beliebtheit der Verena arg zu schaffen. Eines Tages bemerkt er, dass Verena heimlich den Kranken Wein aus dem Pfarrhauskeller bringt. Er schwärzt sie beim Chef an, der sie – man glaubt es kaum – zur Rede stellt. Als sie ihm den Krug zeigt, hat sich der Wein zu Wasser gewandelt. Der Knecht unternimmt einen neuen Versuch: In der Fastenzeit legt der Priester seinen goldenen Ring ab und gibt ihn Verena zur Verwahrung. Der Knecht stiehlt ihn und wirft ihn in den Rhein. Man ahnt das Ungemach, das ihr drohen könnte, doch der Ring taucht rechtzeitig wieder auf: im Bauch eines Lachses, den Fischer kurz vor Ostern ins Pfarrhaus bringen.
In Verenas Todesstunde, so erzählt die Legende und dies stelle man sich bitte bildlich vor, erscheinen Maria und viele heilige Frauen, um sie in den Himmel zu geleiten. Was für eine wunderbare Szene!
Das Verenamünster in Bad Zurzach, inzwischen ein bekanntes Thermalbad, ist bis heute ein beliebter Wallfahrtsort.
Zu guter Letzt noch dies: Sie ist unter anderem die Patronin der Pfarrhaushälterinnen.