„Die Offenheit ist beeindruckend“
Viel Zeit für die Kleinsten: Bei ihrem Praktikum in einem Schulprojekt in der Nähe der tansanischen Stadt Arusha kümmerte sich Jana Simon insbesondere um die Drei- und Vierjährigen, die bereits die Schule besuchen.
Wiedenbrück. Jana Simon aus Wiedenbrück absolvierte ein mehrwöchiges Praktikum in dem Schulprojekt, für das sich die Eine-Welt-Initiatve der Wiedenbrücker Aegidius-Gemeinde einsetzt. Mit dem DOM sprach sie über ihre Erfahrungen in Tansania, den Lerneifer der Kinder dort und darüber, was sie am Leben der einfachen Menschen in Afrika am meisten beeindruckt hat.
von Andreas Wiedenhaus
Wie sind Sie auf das Projekt in Tansania aufmerksam geworden?Nach meinem Abitur wollte ich auf jeden Fall nach Afrika, um dort in einem Projekt zu helfen. Dabei habe ich nach einer Organisation gesucht, die Praktikanten einen Einblick in die Kultur vermittelt und das mit der Mitarbeit vor Ort verbindet. Wichtig war mir auch, eine kleine Organisation zu finden, die nur in einem Land aktiv ist. So bin ich auf „Step Africa“ aufmerksam geworden. Die Mitarbeiter dort haben mich an die Schule in Tansania weitergeleitet. Vorher wird bei allen Projekten abgeklärt, dass ein Einsatz dort wirklich sinnvoll ist. So kann man als Praktikantin sicher sein, genau am richtigen Platz zu sein. Direkte Infos zum Beispiel über eine eigene Internetseite des Schulprojektes hatte ich aber nicht.
Also auch ein bisschen der Sprung ins kalte Wasser?Ein bisschen schon, denn letztlich muss man einfach abwarten, was genau dort
auf einen zukommt. Ich bin optimistisch daran gegangen und wurde auch nicht enttäuscht!
Worin genau bestanden Ihre Aufgaben?In Tansania ist es so, dass schon die Drei- bis Vierjährigen eine Schule besuchen. Sie habe ich in dieser Schule unterrichtet – in Mathe, Englisch und Sport. Neben dem Unterricht und der entsprechenden Vorbereitung gab es aber noch eine Reihe weiterer Aufgaben. Die Lebensmittel für das Essen, das die Kinder in der Schule bekommen, mussten zum Beispiel auf dem Markt eingekauft werden. Dabei habe ich genauso geholfen wie beim Kochen. Bei allem, was irgendwie zum Alltag gehörte, war ich eingebunden. Und nicht zuletzt haben wir gerade mit den kleinen Kindern immer wieder viel gespielt und wir haben uns einfach unterhalten.
Wie sind solche Schulen in Tansania organsiert?Die Kinder kommen gegen 7.30 Uhr zur Schule. Vor dem eigentlichen Unterrichtsbeginn ist noch eine halbe Stunde Zeit, in der die Kleinen zum Beispiel spielen. Der Schultag dauert dann ungefähr bis 17.00 Uhr.
Die ganze Zeit ist Unterricht?Nicht nur; gerade für die Jüngsten ist der Tagesablauf ziemlich aufgelockert, sodass zwischendurch immer wieder Zeit zum Spielen ist. So können sie sich anschließend wieder besser konzentrieren. In der Mittagspause essen alle zusammen. Auf Gemeinschaft wird viel Wert gelegt.
Gab es Probleme sich einzugewöhnen? Was lief besonders gut?Die ganz kleinen Kinder sprechen natürlich noch kein Englisch, sondern nur Suaheli. Da verständigt man sich zuerst mit Händen und Füßen. Ich habe dann aber auch etwas Suaheli gelernt, sodass die Kommunikation besser klappte. Natürlich hat man auch die kulturellen Unterschiede gemerkt; etwa, dass die Kinder während des Unterrichtes sehr großen Respekt vor den Lehrern hatten; wie im Übrigen vor allen Erwachsenen. Hinzu kam, dass es kaum Unterrichtsmaterial gab. Da musste man viel improvisieren – Tafeln oder Rechenschieber sucht man oft vergeblich. Wenn jeder ein Heft und einen Bleistift hat, ist das schon viel wert.
Aber diesen Mangel machen die Kinder durch ihr großes Interesse wett?
Auf jeden Fall! Denn alle wollen wirklich etwas lernen! Und mit etwas Kreativität kann man den Mangel an Unterrichtsmaterial ganz gut ausgleichen.
Was hat Sie an den Kindern und Jugendlichen am meisten beeindruckt?Ihr Interesse und ihre Offenheit! Alle kommen sofort auf einen zu und wollen ganz viel wissen. Während die Kinder hier mit ihren Handys spielen, haben sich die Kleinen dort unbändig über ein paar Luftballons gefreut, die ich mitgebracht hatte. Das macht schon etwas nachdenklich, wenn man sieht, wie ein Kind sich über so etwas so wahnsinnig freut.
Das heißt, die Kinder in dieser Schule kommen aus armen Familien?Die Familien sind sehr arm, trotzdem legen sie auf Bildung sehr großen Wert. Das stößt aber zum Beispiel da an seine Grenzen, wo Kinder zu Hause gebraucht werden, um mitzuhelfen oder sich um die Geschwister zu kümmern. Gerade wenn auf den Äckern viel zu tun ist, kann es sein, dass von 15 Kindern nur fünf zum Unterricht kommen. Die Eltern sind da in einer Zwickmühle, weil sie eigentlich wollen, dass ihre Kinder es einmal besser haben als sie selbst. Dieser Wunsch kommt aber oft schnell an seine Grenzen, weil viele Faktoren eine Rolle spielen, die die Menschen nicht beeinflussen können.
Wie lange waren Sie in Tansania?Zwei Monate insgesamt.
Was wirkt von den Erfahrungen bis heute nach?Die Lebenseinstellung der Menschen hat mich tief beeindruckt. Zum Beispiel, wenn man sieht, wie jemand, der selbst nicht viel hat, das noch mit anderen teilt. Eine Erfahrung, die ich zum Beispiel bei Besuchen in Familien immer wieder gemacht habe. So viel Hilfsbereitschaft, Fröhlichkeit und Optimismus sind angesichts der oft schwierigen Situation einfach bemerkenswert. Schon bevor ich nach Tansania ging, hatte ich geplant, Erziehungswissenschaften zu studieren. Nach meiner Rückkehr wusste ich, dass das das Richtige für mich ist!