„Die Zeit hat mich geprägt“
Janfelix Müller an seinem heutigen Arbeitsplatz mit Erinnerungsstücken von damals. Foto: Jatzke
Unna. Diese Erfahrung kann Janfelix Müller niemand mehr nehmen: Nach dem Abitur im Jahr 2000 entschied sich der heutige Gemeindereferent nicht direkt für eine Ausbildung oder ein Studium, sondern für ein Auslandsjahr. Das war damals längst nicht so verbreitet wie heute, lediglich ein Mitschüler hatte ähnliche Pläne. Die Idee kam Janfelix Müller schon ein Jahr vor dem Abi, als er in der Schule einen Vortrag über ein Auslandsjahr in Israel hörte.
Das „Abenteuer Auslandsjahr“ wurde danach immer konkreter. Müller, der damals als Messdiener und in der Leiterrunde aktiv war, bewarb sich schließlich als „Missionar auf Zeit“ bei den Steyler Missionaren. „Doch beim Wort Missionar war ich immer noch skeptisch“, erinnert er sich heute. Das änderte sich bei einem Eine-Welt-Camp: Ein ‚Missionar auf Zeit‘ zu sein, bedeutet „mitleben, mitarbeiten, mitbeten“, wusste er danach.
Anfang September 2000 wurde es „ernst“: Sein Einsatzort wurde bis Ende Mai 2002 die 200000-Einwohner-Stadt Barra Mansa im Südosten von Brasilien.
Dort arbeitete der junge Deutsche in einer Kindertagesstätte, die in einem Armenviertel lag. Er half mit, den Kindern nach der Schule eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu ermöglichen, statt auf der Straße „rumzuhängen“. Eines der Fußballspiele, die er organisierte, musste wegen einer Schießerei abgebrochen werden. Mit jeder Menge Gottvertrauen meisterte Müller jedoch die Situation.
Sprachkenntnisse fehlten
Die Eingewöhnung in Brasilien sei am Anfang aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse sehr schwer gewesen, erinnert sich der Gemeindereferent. Wobei er diese Zeit nichtsdestotrotz als emotional sehr prägend empfand: „Die Menschen waren stets freundlich und bemüht, mit mir zu kommunizieren, dennoch war es anfangs nicht immer einfach.“ Doch mit den wachsenden Sprachkenntnissen verschwanden diese Probleme, und nach rund drei Monaten „lief es“.
Neben vielen positiven Erlebnissen ist das Gemeinschaftsgefühl– etwa bei den Mahlzeiten– besonders in Erinnerung geblieben. „Auch die kirchlichen Feste und Prozessionen waren beeindruckend“, sagt der heutige Gemeindereferent rückblickend: „Der Glauben wird in Brasilien auf eine ganz besondere Art gelebt.“
Dies erfuhr der junge Mann besonders bei seinem zweiten Einsatz, der ihn 2006 für fünf Monate nach Codó in den Nordosten Brasiliens führte. Dort war er in einer Schreinerei tätig, unterstützte die dortigen Jugendlichen und gab ihnen Englisch-Unterricht. Auch Gottesdienste der Gemeinde gestaltete er mit. Heute weiß Müller, dass die Zeit in Brasilien für sein Leben in vielerlei Hinsicht prägend war.
Er wurde danach Betreuer beim Zeltlager, engagierte sich für die Sternsinger– und studierte Religionspädagogik: „Bei aller Kritik gegenüber der Kirche wollte ich die vielen positiven Erfahrungen zu Hause und gerade die Glaubensfreude in Brasilien an andere Menschen weitergeben.“
Durch seine Zeit in Südamerika, so Janfelix Müller, habe er gelernt, offen gegenüber fremden Kulturen zu sein und keine Menschen in Schubladen zu stecken: „Themen wie Fairer Handel, Nachhaltigkeit oder Weltkirche sind mir seitdem besonders wichtig.“
Freundschaften halten
Durch weitere Aufenthalte ist Brasilien für Müller so etwas wie eine zweite Heimat geworden: 2013 flog er zum Weltjugendtag erneut hinüber. Die Freundschaften, die entstanden sind, halten bis heute: „Ich könnte immer noch hinfliegen und dort bei Bekannten übernachten.“
„So etwas prägt einen schon das ganze Leben und man nimmt viel mit“, weiß der Gemeindereferent, der jedem rät, solch einen Auslandsaufenthalt zu wagen: „Allerdings sollte man vorher die Sprache lernen.“ Seine eigenen Töchter würde der Familienvater bei so einem Vorhaben auf jeden Fall unterstützen.