Diözesanmuseum Paderborn – So noch nie gesehen
Mondsichelmadonna aus der Zeit der späten Gotik.
Nach einer Vielzahl an großen kunst- und kulturhistorischen Ausstellungen zeigt das Diözesanmuseum Paderborn vom 21. Mai bis zum 9. Oktober 2022 die Sonderausstellung „SO GESEHEN – Barbara Klemm · Christoph Brech“ und wirft einen Blick auf zeitgenössische Kunst.
Von Patrick Kleibold
Paderborn. Die rechte Hand der Kolossalstatue Konstantins des Großen aus Rom, ein wunderbar ausgeziertes Gesangbuch für die Kathedrale Notre-Dame in Paris oder ein kostbares Reliquiar mit Gebeinen Johannes’ des Täufers – all dies sind Exponate, die man in den vergangenen Jahren im Diözesanmuseum Paderborn durchaus erwarten konnte. Mit der neuen Sonderausstellung „SO GESEHEN – Barbara Klemm · Christoph Brech“ wirft das Museum nun auch einen Blick auf zeitgenössische Kunst.
Barbara Klemm gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen Fotografinnen Deutschlands. Bekannt ist sie für ihre Schwarz-Weiß-Fotografien, die im Bildgedächtnis vieler verankert sind. Unvergessen ist sicherlich ihr Bild „Bruderkuss“ von 1979, das Breschnew und Honecker zeigt, wie sie sich zur Begrüßung auf den Mund küssen. Nun trifft sie auf Christoph Brech, dessen digitale Bild- und Videokunst großformatig und von ausgeprägter Farbigkeit und subversiven Sounds begleitet wird. Für die Ausstellung haben sie viele ihrer bislang wenig bekannten oder gänzlich unbekannten Arbeiten ausgewählt und nutzen die offenen und nach oben aufstrebenden Galerien für einen Dialog ihrer Werke untereinander und mit ausgewählten jahrhundertealten Exponaten des Museums.
Kunst im Dialog
„Meine Werke mit denen Christoph Brechs in einen Dialog treten zu lassen, war für mich eine neue Erfahrung. Das Zusammenspiel von Christophs Videos und Farbaufnahmen und den Kunstwerken des Museums sowie meinen schwarz-weißen Fotografien öffnet neue Sichtweisen. Besonders hat mich gefreut, Teile meines Oeuvres zeigen zu können, die eher selten zu sehen waren“, sagte die Fotokünstlerin Barbara Klemm.
Und so treffen in der Ausstellung „zarte schwarz-weiße Wolkenstudien und Dirigentenporträts auf raumhohe Videos, die zeigen, wie sich feine Lichtbündel zu Klangwolken formen. Da turnen Trapezkünstlerinnen nicht nur vor der zerstörten Ruinenkulisse Rostocks, sondern auch inmitten güldener Engel, die ihrerseits im 18. Jahrhundert in einem Gestänge über einem barocken Festaltar aufgehängt waren. Monde schimmern über Wellen und Wolken am Horizont, wandern von Amseln vertont als Blutmond über den nächtlichen Himmel oder verwandeln sich in eine Mondsichelmadonna aus der Zeit der späten Gotik“, heißt es in einem Bildband zur Ausstellung.
„Unser Museum ist bekannt für seine großen kunst- und kulturhistorischen Ausstellungen, die oftmals auch einen zeitgenössischen Aspekt haben. Wir möchten das Museum künftig noch mehr für kontemporäre Positionen öffnen, dabei aber ebenso die historische Sammlung im Blick behalten. Der Dialog von Barbara Klemm und Christoph Brech mit Stücken unserer Sammlung bildet in diesem Sinne eine ganz besondere Umsetzung dieses Ansatzes“, sagte der Direktor der Diözesanmuseums, Dr. Holger Kempkens.
120 Exponate im Diözesanmuseum Paderborn auf 900 Quadratmeter
Auf einer Ausstellungsfläche von etwa 900 Quadratmetern sehen die Besucher ca. 120 Exponate und Dialoge zwischen zerstörten Skulpturen aus dem Albertinum in Dresden nach dem Hochwasser im Jahr 2002 mit Fragmenten aus den Vatikanischen Museen in Rom, dem Gewölbe des Neuen Museums in Berlin mit der Metropolitan Cathedral in Liverpool oder Aufnahmen von dem kolossalen Fuß Kaiser Konstantins an den Kapitolinischen Museen in Rom.
„Die Bilder der beiden Künstler im Diözesanmuseum Paderborn laden zum Innehalten und Betrachten ein, zum Staunen und Wahrnehmen – Eigenschaften, die in diesen Zeiten voller Bilderfluten und Schnelllebigkeit wichtiger denn je sind“, sagte der stellvertretende Generalvikar des Erzbistums Paderborn, Prälat Thomas Dornseifer. Zu sehen ist die Ausstellung vom 21. Mai bis zum 9. Oktober 2022.
Die sogenannte IMAD-Madonna im Dialog mit einer Videoinstallation von Christoph Brech. (Foto: Patrick Kleibold (Foto: Patrick Kleibold