Eine Brücke nach Vietnam

Ein Tanzgruppe vor dem Dorfhaus (Nha Rong). (Fotos: Chi Thien Vu ofm)

Zwei Wochen lang reiste der Dortmunder Franziskanerbruder Chi Thien Vu ofm gemeinsam mit dem Leiter der deutschen Provinz des Franziskanerordens, Bruder Markus Fuhrmann, durch ­Vietnam – eine intensive Zeit mit vielen Eindrücken und Ideen für eine engere Zusammenarbeit.

Dortmund. Ja, eine Brücke zwischen Deutschland und Viet­nam gebe es bereits, seit vor rund 40 Jahren vier Brüder aus dem asiatischen Land nach Deutschland reisten. „Sie kamen, um zu studieren“, erklärt Bruder Chi Thien, der selbst aus dem asiatischen Land stammt. Er sieht seine Aufgabe heute da­rin, die Beziehungen, die seitdem schwächer wurden, wieder zu intensivieren. „Zwischen 2016 und 2019 habe ich bereits dort mit gelebt.“ 

Weil Fernreisen nach der Corona-Pause wieder möglich sind, wuchs der Wunsch, das Land wieder zu sehen. Die beiden Franziskaner besuchten die Menschen im Mekong-Delta, in Hanoi sowie im Nordosten Vietnams. Auch eine Hostienbäckerei, die Clarissen mit Maschinen aus Deutschland betreiben, gehörte zum Programm. 

Die Brüder im Nordosten kümmern sich vor allem um Menschen, die ethnischen Minderheiten angehören. Diese leben traditionell mit und von der Natur. „Sie können in Städten nicht leben. Sie haben auch nichts mit der Wirtschaft zu tun“, erklärt Bruder Chi Thien. 

Gefährdete Völker

Doch ihr angestammter Lebensraum ist gefährdet, weil die Volksgruppe der Kinh, die die Mehrheit stellt, immer mehr Fläche für den Anbau etwa von Kautschuk oder Kaffee für sich beansprucht – und das durchaus nicht mit legalen Methoden und auf Kosten der Minderheiten. Die Folge: Ethnische Minderheiten ziehen sich immer mehr in die Wälder oder Berge zurück. 

In solchen Kapellen feiern die Angehörigen ethnischer Minderheiten ihre Gottesdienste. Die Franziskanerbrüder Markus Fuhrmann (erste Reihe links) und Chi Thien Vu (rechts) informierten sich.

„Die Franziskaner betreiben dort gute Mission. Das bedeutet für mich, dass sie für die Gesundheit der Menschen arbeiten sowie für die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen. Dabei bewahren sie die Kultur. Diese drei Punkte sind sehr wichtig.“ Mädchen und Jungen der ethnischen Minderheiten lernen hier unter anderem Viet­namesisch, eine Sprache, die ihnen in aller Regel fremd ist. Entstanden sind Kindergärten und Internate sowie ein Heim für psychisch Kranke. Diese sowie ihre Familien seien in Vietnam – auch bedingt durch einen weit verbreiteten Aberglauben – stigmatisiert. 

Die Franziskaner kümmern sich ferner um die Wasserversorgung in den Dörfern, etwa mit Wasserfilteranlagen. „Die Menschen leben so gesünder.“ Doch inzwischen müsse man bis zu 100 Meter tief bohren, um überhaupt Wasser zu finden – eine Folge der intensiven Landwirtschaft mit ihren oft wasserintensiven Monokulturen.

Die Gäste aus Deutschland erfuhren allerdings auch, welche Repressalien ihre Mitbrüder im Alltag erdulden müssen. Denn da sie nicht Mitglieder der Kommunistischen Partei sind, sind sie für den Staatsapparat per se verdächtig. Die Angst der Regierung vor Aufständen sei groß, berichtet Chi Thien Vu. „Brüder haben zum Beispiel einen Hausgottesdienst gefeiert, den sie nicht bei den Behörden angemeldet haben. Doch das kam heraus.“ Es folgten Verhöre und Strafandrohungen.

Nicht sichtbar werden

Schwierig ist es für die Franziskaner zudem, in der Öffentlichkeit aktiv zu werden. Beispielsweise seien Prozessionen als Zeichen für den Glauben nicht erlaubt. Von einer wahren Religionsfreiheit sei Vietnam noch weit entfernt.

Bereits auf dem Rückflug gab es erste Ideen für eine engere Zusammenarbeit, die in jedem Fall auf Augenhöhe stattfinden soll. Denn die Christengemeinden in Vietnam wachsen, jedes Jahr begrüßt der Orden 15 bis 20 Novizen. Dies sei natürlich auch eine Möglichkeit, der Armut zu entfliehen und höhere Bildung zu genießen, was der Franziskaner allerdings nicht negativ sieht, sondern als Chance. „Hier herrscht Priestermangel, vielleicht können Brüder von dort nach Deutschland kommen. Aber sie sollen nicht kommen, nur um Lücken zu stopfen.“ Bruder Chi Thien plädiert vielmehr für ein Miteinander, ein Lernen voneinander.

Wolfgang Maas

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