24.03.2016

Entscheidend ist auf’m Platz

Der alte Musicalschlager „You’ll never walk alone“ (Du wirst niemals allein gehen) entfaltet seine ganze Wirkung dann, wenn man ihn mit sehr, sehr vielen Menschen singt.

Wohl auch deshalb gehört er zum Liedkanon der Fußballfans, auch derer in Dortmund, die ihn nun in einer außergewöhnlichen Situation griffbereit hatten. Selten – das kann man wohl sagen – ist die Osterbotschaft so glaubwürdig verkündet worden: Während des Spiels ist am Passionssonntag im Dortmunder Stadion ein Fan gestorben und nach dem Abpfiff sangen 80 000 Fans und Spieler vereinsübergreifend „You’ll never walk alone“. Wer jetzt an Ostern die biblischen Texte hört, der hört genau diese Zusage: Du gehst nicht allein.

Überraschend ist, wovon man in der Bibel nichts hört: erstens, vom Osterhasen, zweitens, von der Auferstehung. Ja, wirklich! Mit keinem Wort berichten die Evangelien davon. Erzählt werden viel mehr Begegnungen des Auferstandenen mit den Jüngern. „Er kam ihnen entgegen“, heißt es bei Matthäus, „er kam hinzu und ging mit ihnen“ bei Lukas und „Jesus sprach sie an: Maria!“ bei Johannes. Entgegenkommen, mitgehen, ansprechen, so handelt der auferstandene Christus, so hat auch schon der irdische Jesus gehandelt. Er interessiert sich für die Menschen, er sucht, sieht und begleitet sie.

Ist das nicht eine Ursehnsucht des Menschen? Nicht allein gehen zu müssen, sondern einen echten Gefährten zu haben, gerade in den bangen Stunden, im Tod? Man wird kritisch fragen dürfen, ob wir als Kirche, als Gemeinde eben dies einander bieten. Gefährte sein heißt nicht, den anderen zu instrumentalisieren, etwa als Kirchenbankfüllung oder als zahlendes, engagiertes kfd-KAB-Kolping-Chor-Mitglied. Und vielleicht ist das unser Problem, dass wir als kirchliches Angebot häufig nur Termine verstehen – und selten uns selbst.

Claudia Auffenberg

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen