Es ist ernst
Claudia Auffenberg
Für wen halten mich die Leute? Diese überraschende Frage stellt Jesus im heutigen Evangelium seinen Jüngern. Überraschend, weil man sich fragen kann: Warum fragt ausgerechnet er das? Man selbst kennt das Thema dieser Frage, einmal als eine Art Ermahnung „Also bitte, was sollen denn die Leute denken?“, zum anderen als eine therapeutische Ermutigung: „Egal, was die Leute denken, sei du einfach du selbst.“
Beides ist richtig und falsch zugleich. Die Meinung anderer über einen selbst kann natürlich nicht der einzige Maßstab für die eigene Lebensgestaltung sein, aber vielleicht eben doch eine hilfreiche Korrektur. Man möchte sich schließlich nicht im Inge-Meysel-Modus durchs Leben rüpeln. So jemand ist vielleicht im Fernsehen ganz unterhaltsam, aber im Freundeskreis oder im persönlichen Umfeld haben solche Leute etwas Zerstörerisches. Claus Weselsky etwa, der GDL-Chef, oder auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der den Synodalen Weg zunehmend destruktiv begleitet, sind gegenwärtige Beispiele. Ihnen möchte man durchaus ans Herz legen, die Frage Jesu zu stellen:
Für wen halten die Leute mich?
Dann könnte passieren, was Jesus passiert: Es gibt alarmierende Antworten. Die Leute halten Jesus für jemanden, der er nicht ist und auch nicht sein will. Sogar im eigenen Umfeld missverstehen sie ihn. Denn Jesus stellt ja noch eine zweite Frage: Und ihr, die ihr mich länger und enger kennt, die ihr mich täglich erlebt, für wen haltet ihr mich? Man sieht die Szene förmlich vor sich: wie Petrus mit stolzgeschwellter Brust vortritt, vielleicht noch mal siegesgewiss nach rechts und links guckt und dann– sich des Beifalls Jesu sicher – eine vermeintlich richtige Antwort gibt: Du bist der Messias.
Die harsche Reaktion Jesu „Tritt hinter mich, du Satan!“ darf man vielleicht auch deuten als sein eigenes Erschrecken. Irgendwas läuft falsch, nicht unbedingt bei den Jüngern, sondern bei ihm, in seiner Kommunikation. Es droht ein heikles Missverständnis, dass nämlich der Glaube der Menschen sich begnügt mit einer Person, die man verehren und auf einen Sockel stellen kann, hinter der man sich verstecken oder in deren Glanz man sich sonnen kann. Ein Missverständnis, das bis heute nicht ausgeräumt ist. Jesus ist kein dekorativer Posterboy, der Messias kein autoritärer Guru. Es geht um eine Botschaft: Eine andere, eine bessere Welt ist möglich, weil Gott im Spiel ist bzw. wenn man ihn ins Spiel holt. Das ist– etwas grob zusammengefasst– der Inhalt des Wirkens Jesu. Als ihm das Missverständnis klar wird, wechselt Jesus den Tonfall und wird ziemlich deutlich. Seine Reaktion erinnert an die TV-Ansprache der Kanzlerin im vergangenen Jahr, als sie – unter anderen Vorzeichen– sagte: Es ist ernst, bitte nehmen Sie es auch ernst!
Ihre
Claudia Auffenberg