Es kann jeder von uns sein
Das Hauptbild zeigt den Christus-Darsteller und den Kreuzmeister der Kreuztracht. Foto: Nückel
Menden. Nach 18-monatiger Arbeit sind nun auch die beiden fehlenden Bilder im Schmittmann-Retabel in der Mendener St.-Vincenz-Kirche fertiggestellt worden. Der Maler Thomas Jessen schuf zwei Werke mit aktuellen Bezügen, die sich „genial“ in das Retabel einfügen, so die Mendener Museumsleiterin Jutta Törnig-Struck.
von Matthias Nückel
Das Schmittmann-Retabel wurde im August 2014 nach der Restaurierung wieder eingeweiht (Der DOM berichtete). Der im Jahr 1685 vom damaligen Mendener Bürgermeister Wennemar Schmittmann gestiftete Altar war – in seine Einzelteile zerlegt – im Turm der Vincenz-Kirche gefunden worden. Zwei Altarbilder fehlten allerdings.
Für diese beiden zu gestaltenden Bildtafeln entstand bald die Überlegung, dem barocken Retabel durch die Bilder einen aktuellen Bezug zu geben, der gleichzeitig auch ein Alleinstellungsmerkmal für das Retabel und die St.-Vincenz-Kirche darstellt.
„Es lag nahe, für die fehlenden Bilder Motive aus der Mendener Kreuztracht zu nehmen“, berichtet Pfarrer Jürgen Senkbeil. Der Direktor des Paderborner Diözesanmuseums, Prof. Dr. Christoph Stiegemann, habe daraufhin den Maler Thomas Jessen aus Eslohe empfohlen. Dieser schlug im Entwurf die beiden Motive vor, welche die drei Hauptakteure der Mendener Kreuztracht zeigen.
Auf dem großen Altarbild ist der Christus-Darsteller der Kreuztracht in Menden zu sehen sowie der aktuelle Kreuzmeister Markus Ellert. Mit dem kleineren Altarbild, das Simon von Cyrene zeigt, hat die St.-Vincenz-Kirche etwas Einmaliges bekommen. Es gibt nämlich in der Kunstgeschichte nach Recherchen von Jutta Törnig-Struck keine Einzeldarstellung von Simon von Cyrene. Er wird normalerweise immer nur gezeigt, wie er Jesus das Kreuz tragen hilft.
„Der Christus-Darsteller könnte jeder von uns sein“, deutet Pfarrer Senkbeil das Hauptbild. Jeder könne sich mit seinem Kreuz in diesem Bild wiederfinden. Darüber hinaus verbinde das Bild die menschliche und die göttliche Wirklichkeit. Durch eine Jalousie ist der Kreuzmeister zu sehen. „Er steht für unsere menschliche Wirklichkeit, für das Hier und Jetzt“, erläutert der Leiter des Pastoralverbundes Menden. Der Jesus-Darsteller spiegele die göttliche Wirklichkeit wider. „Beide Wirklichkeiten sind getrennt, aber doch durchlässig. Das Menschliche schimmert ins Göttliche durch und das Göttliche ins Menschliche“, betont Pfarrer Senkbeil.
Ähnlich verhält es sich mit dem Bild des Simon von Cyrene. Er ist von hinten zu sehen, wie er das Ende des Kreuzbalkens trägt. „Wir alle gehen bei den Stunden-Prozessionen hinter Simon her und gehen gleichzeitig mit ihm“, stellt Pfarrer Senkbeil den aktuellen Bezug her. Alle seien eingeladen, das Kreuz zu tragen. „Und wir sollen darüber nachdenken, wie wir in die Rolle des Simon schlüpfen und anderen helfen können, ihr Kreuz zu tragen.“
Die letzten Worte Jesu am Kreuz lauten: „Es ist vollbracht.“
Auch die Darstellung des Simon deutet darauf hin. „Auch Simon hat sein Werk vollbracht und geht nun aus dem Bild heraus in eine andere Wirklichkeit“, erläutert Pfarrer Senkbeil.
Nicht nur durch ihre inhaltliche Aussage, sondern auch durch ihre farbliche Gestaltung passen die Bilder zum Schmittmann-Retabel und der St.-Vincenz-Kirche. So hat Maler Jessen das Fürstenberg-Rot, das sich immer wieder in der Kirche findet, in das große Altarbild mit aufgenommen. „Altmeisterlich“, nennt Jutta Törnig-Struck die Bilder, mit denen das Schmittmann-Retabel nun vollendet wurde.