Frei zum Nein-Sagen
Die Heilige und das Lamm: Agnes Foto: Alexandra Jopski / pixelio
Die Christen gelten als die weltweit am meisten verfolgte Religion. Als gebürtiger, mitteleuropäischer Katholik fragt man sich da arglos: Warum eigentlich? Vor uns muss keiner Angst haben, wir tun doch keinem was.
von Claudia Auffenberg
Es sind Geschichten wie die der hl. Agnes, die diese Frage beantworten. Agnes ist eine der populärsten Märtyrerinnen der frühen Christenheit, bis in die 1930er-Jahre hinein war Agnes einer der beliebtesten Frauennamen und so können wohl die meisten erwachsenen Katholiken von einer Tante Agnes erzählen.
Die Heilige, deren Gedenktag am 21. Januar ist, war der Legende nach eine bildschöne Jungfrau, mit der sich der Sohn des Stadtpräfekten gern geschmückt hätte. Doch sie lehnte sein Heiratsgesuch mehrfach ab und begründete es damit, dass sie bereits vergeben sei. Ihr Verlobter sei Jesus Christus. Der Verschmähte versuchte nun, Agnes im Wortsinne bloßzustellen. Er befahl, sie zu entkleiden und zur Prostitution zu zwingen. Doch der Himmel war auf ihrer Seite. Ihre langen Locken umhüllten sie wie ein Mantel, ein Engel brachte ihr ein Lichtgewand. Beim Versuch, sie zu schänden, fiel der Unhold tot um. Agnes rief ihn ins Leben zurück, doch statt dankbar zu sein, denunzierte er sie als Zauberin. Den ersten Tötungsversuch im Feuer überstand sie, weil das Feuer von ihr wich, erst der Hieb eines Schwertes war sozusagen erfolgreich. Sie starb so, wie die Lämmer sterben, daher kommt womöglich ihr Name. Lamm heißt ja auf Latein agnus. Und bis heute hat die hl. Agnes mit Lämmern zu tun. Alljährlich am 21. Januar segnet der Papst zwei Lämmer, aus deren Wolle die Pallien gewebt werden, eine Insignie der Erzbischöfe.
In Rom erhebt sich heute über der Stelle, an der sie hingerichtet worden sein soll, eine berühmte Kirche ihres Patronats: Sant’Agnese in Agone an der Piazza Navona, der wunderschöne Platz mit den berühmten Brunnen. Auch an der Stelle ihres Grabes findet sich heute eine Kirche: Sant’Agnese fuori le mura, Sankt Agnes vor den Mauern.
Auch im Erzbistum Paderborn gibt es eine Kirche ihres Patronats, nämlich in Hamm. Es ist nicht irgendeine Kirche, sondern eine, die einen Frei-Raum bieten will. Dazu wurden vor Jahren alle Bänke herausgeräumt, die Kirche so zu einer „Oase der Leere, zum Refugium des konzentrierten Aufatmens“, heißt es auf der Homepage des Pastoralen Raumes. Bis heute gibt es Stühle in St. Agnes, die variabel sind.
Was macht Christen so bedrohlich? Es ist wohl die innere Freiheit, dass sie für Diktatoren und Machthungrige aller Arten nicht zu fassen sind, dass sie Nein sagen können, wie Agnes es getan hat. Es ist aber eine Freiheit, um die Christen immer wieder ringen müssen. Wir müssen darauf achten, dass wir uns nicht selbst einengen: durch Traditionen, Regeln – oder eben durchs Mobiliar.
Auf der Homepage des Pastoralverbundes Hamm-Mitte-Osten gibt es eindrucksvolle Fotos aus dem Inneren der Kirche.