Freier Radikaler: Charles de Foucauld
Charles Eugene Vicomte de Foucauld, französischer Missionar mit Tuarek.
Wenn am Sonntag Charles de Foucauld heiliggesprochen wird, dann werden drei Priester aus dem Erzbistum in Rom dabei sein, darunter Heinz-Josef Löckmann aus Unna. Er ist der Diözesanverantwortliche der Priestergemeinschaft Jesus Caritas, einer Bruderschaft in der Spiritualität des neuen Heiligen.
Charles de Foucauld war ein Mann, der vieles, eigentlich alles im Leben radikal machte: erst die Ausschweifungen eines reichen jungen Mannes aus adeligem Hause mit allem Drum und Dran, dann die intensive, fast schon verzweifelte Suche nach Gott und schließlich eine derart radikale Nachfolge Jesu, dass seine Versuche, eine Gemeinschaft zu gründen, scheiterten. So wie er wollte und konnte niemand leben. Dennoch oder gerade deswegen fasziniert und inspiriert dieser Mann bis heute. Nach seinem Tod 1916 gründeten sich doch einige Zusammenschlüsse und so gibt es heute eine geistliche Familie, zu der viele unterschiedliche Zweige gehören. Am bekanntesten sind vermutlich die „Kleinen Brüder“ und die „Kleinen Schwestern“.
Ein Leben im Sinne Jesu
Charles de Foucauld wollte ein Leben im Sinne Jesu und das mitten in der Welt. Heinz-Josef Löckmann sagt es so: „So leben, wie es dem Evangelium entspricht, aber nicht auf Wolke 7.“ Er ist vor vielen Jahren bei einem Visitationsgespräch mit dem damaligen Paderborner Weihbischof Paul Cordes auf den Weg gebracht worden. Damals hatte er schon das Buch „Wo der Dornbusch brennt“ von Carlo Carretto gelesen, einem „Kleinen Bruder“ und war so mit den Ideen des Charles in Berührung gekommen. Als junger Priester, so sagt er, frage man sich: Was tue ich, wo ist mein Platz, wie will ich mein Priestersein leben? Die Ordensgemeinschaften nach Charles de Foucauld waren für ihn nichts. „Da wäre ich nicht glücklich geworden“.
Cordes nahm ihn dann zu einem Treffen der Bruderschaft mit, der er bis heute treu geblieben ist. Im Erzbistum Paderborn hat sie ca. 35 Mitglieder und ist in verschiedene Regionalgruppen gegliedert. Die Gruppen treffen sich einmal im Monat, es gibt offene Gespräche über die Situation der einzelnen Mitglieder. „Wir versuchen miteinander herauszufinden, was der Wille Gottes in einer konkreten Situation sein kann“, sagt er. Da Vertraulichkeit herrscht, will er keine Beispiele nennen, aber man ahnt, dass auch Priester nicht in jeder Sekunde ihres Daseins glücklich sind und Gesprächspartner brauchen, die verstehen, wovon die Rede ist.
„Charles de Foucauld wollte Jesus beliebt machen“
Was ist nun das Faszinierende an einem Mann, den zu Lebzeiten niemand um sich haben wollte? Es sei die erdverbundene Spiritualität, meint Löckmann und zitiert einen Buchtitel von Karl Rahner: „Glaube, der die Erde liebt“. Der treffe es ziemlich gut. Es geht um eine Art, das Evangelium zu leben, die nicht weltfremd ist, sondern der Erde verhaftet. Für de Foucauld war das Leben vor Gott so wie das Leben eines Kindes, das vor den Augen seiner Mutter mit Bauklötzen spielt. Es schaut nicht immer zu ihr, aber es weiß, dass sie da ist. Und es ist ein Leben, das Jesus in den Mittelpunkt stellt. „Charles wollte Jesus beliebt machen“, sagt Löckmann, „und das möchte ich auch.“ Dass Charles ein Vorbild ist, von dem man ziemlich sicher sein kann, es niemals zu erreichen, schreckt Löckmann nicht.
Was man von einem Heiligen übernehmen könne, das solle man übernehmen. „Am Ende werde ich ja nicht gefragt, warst du Charles de Foucauld, sondern warst du Heinz-Josef Löckmann?“ Apropos Ende. Wenn er ihn dereinst im Himmel treffen wird, was würde er ihn fragen? Löckmann überlegt: „Im Himmel“, sagt er dann, „würde ich doch gern Jesus treffen.“
Claudia Auffenberg
Info
Charles de Foucauld wurde am 15. September 1858 in Straßburg in ein reiches Elternhaus geboren und führte zunächst ein ausschweifendes Leben. Die Schule brachte er mit Ach und Krach zu Ende, aus dem Militär wurde er unehrenhaft entlassen. 1883 brach er zu einer Forschungsreise nach Nordafrika auf, wo er die Frömmigkeit der Muslime kennen- und schätzen lernte. Diese Reise veränderte ihn. Die Frage nach Gott ließ ihn nicht mehr los. Die Begegnung mit einem Priester brachte die Wende. Er trat den Trappisten bei, die ihm aber nicht konsequent genug waren, er wurde Einsiedler zunächst in Israel, später in Algerien. Er pflegte freundschaftliche Kontakte zu den Tuareg, deren Sprache und Kultur er intensiv erforschte. In den Wirren des Ersten Weltkrieges geriet er zwischen die Fronten und wurde am 1. Dezember 1916 erschossen. Sein Leichnam ruht heute in einem für ihn errichteten Grabmal in der Oase El Meniaa in Algerien.