„Frieden ist ein Handwerk“
Unter anderem mit diesem Plakat wird für den Katholikentag in Münster geworben.
„Suche Frieden“ – so lautet das Motto des 101. Katholikentages, ein Zitat aus dem 34. Psalm. Claudia Auffenberg sprach mit dem Diözesanvorsitzenden von pax christi, Dr. Peter Witte, darüber.
Herr Dr. Witte, warum muss man den Frieden suchen?
Weil der Frieden nicht selbstverständlich ist, sondern erarbeitet werden muss. Der Friede hat ja mehrere Dimensionen: Es gibt den Frieden Gottes mit den Menschen, der ist uns zugesagt, da brauchen wir keine Sorgen zu haben. Wir müssen ihn allerdings empfangen wollen. Aber der Friede unter den Menschen muss von uns bewerkstelligt werden. Dafür müssen wir selber sorgen. Da hat Gott als Werkzeuge nur uns Menschen.
Aber wo ist das Problem? Alle wollen doch Frieden.
Wenn man die Bibel betrachtet, ist die Gewalt unter den Menschen schon bei Kain und Abel vorhanden. So sind wir Menschen. Es genügt nicht, zu wollen, man muss es auch tun. Von selbst wird das nichts. Die Gewalt ist stark in uns verankert, sodass wir nicht erwarten können, dass sie von selbst verlischt. Wir müssen handeln und das, was an Gewaltpotenzial in uns als Einzelnem, als Gruppe, auch als Staat steckt, aktiv bekämpfen. Sonst wird die Gewalt überhand nehmen.
Kann die Religion dabei helfen?
Die Religion hat ein Gewaltpotenzial in sich, das zeigt die Geschichte, weil Menschen sie instrumentalisiert haben für ihre eigenen Zwecke. Aber sie verweist uns darauf, dass es etwas Größeres gibt als nur das irdische Leben der Menschen und sie gibt an, wohin sich die Welt entwickeln soll nach Gottes Willen. Das können wir dem Leben Jesu entnehmen.
Ihr Verband heißt pax christi, Frieden Christi, was ist das genau?
Diesen Titel muss man spirituell und politisch verstehen. Die Bewegung ist entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg, als Franzosen auf die Deutschen zugegangen sind und Versöhnung angeboten haben. Ein ungeheuer mutiger Schritt. pax christi versteht sich als eine Bewegung innerhalb der katholischen Kirche, in der es zum einen darum geht, das Spirituelle des Friedens neu zu erfahren, aber auch das Element des politischen Handelns zu besetzen. Es gibt ja leider den weitverbreiteten Irrtum, dass das Evangelium nichts mit Politik zu tun habe. Aber das Gegenteil ist der Fall: Das Evangelium ist eine politische Botschaft, nach der wir auch handeln sollen. Man kann den Frieden heute nicht losgelöst betrachten. Es geht immer auch um Gerechtigkeit und um die Bewahrung der Schöpfung. Ohne dies ist Frieden nicht möglich. Die Friedensbewegung will die Menschen zum Handeln bringen, durch Aktionen, durch Informationen. Papst Franziskus hat dazu aufgerufen, die Gewaltfreiheit als jesuanische Botschaft zu verstehen und die Christen als Handwerker des Friedens zu bezeichnen. Frieden ist ein Handwerk, man kann bzw. muss ihn machen.
Sind Sie eigentlich immer friedlich?
Nein, das gebe ich ehrlich zu! Bei bestimmten Reaktionen im persönlichen und beruflichen Umfeld friedlich zu bleiben, das ist eine Aufgabe, die uns immer wieder gestellt wird, und da mache ich Fehler wie jeder Mensch. Das Entscheidende ist, diese Fehler zu erkennen und sich zu bemühen, sie zu verbessern.