Friedhöfe sind lebendige Geschichtsbücher
Eine Kreuzdarstellung auf dem Waldfriedhof in Schloß Neuhaus. (Foto: Patrick Kleibold)
Der Umgang mit Sterbenden und dem Tod während der Pandemie muss nach Worten des Deutschen Kulturrates weiter aufgearbeitet werden. Friedhöfe spielen eine zentrale Rolle dabei.
Unna (KNA). Dass Menschen gerade zu Pandemie-Beginn allein gestorben seien, sei „das Schlimmste“ gewesen, das sich die Gesellschaft in dieser Zeit geleistet habe, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann. Über dieses „fundamentale Versagen“ müsse noch intensiv gesprochen werden, mahnte Zimmermann: „Das darf nicht noch einmal passieren.“ Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig eine Auseinandersetzung mit dem Tod sei. Dafür seien Friedhöfe „der ideale Ort“: Sie seien keineswegs leblos, sondern vielmehr umfassende Natur- und Kulturräume. Daher sei es wichtig, Friedhöfe als Kulturorte noch sichtbarer zu machen.
„Wenn man unser Land verstehen will, ist der Gang über einen Friedhof durchaus sinnvoll.“
Für viele Politikerinnen, Politiker und Medienschaffende habe das Thema Kultur auch etwas mit Glamour zu tun. „Einen roten Teppich wie bei einer Filmpremiere – das kriegt man auf dem Friedhof eher nicht hin“, so Zimmermann. Er sehe die verschiedenen Bereiche der Kunst daher gefragt, die kulturelle Bedeutung von Friedhöfen stärker zu vermitteln, also etwa Museen, Theater oder den Literaturbetrieb. Eine Möglichkeit sei, nicht nur Namen und Daten zu nennen, sondern die Geschichten von Verstorbenen zu erzählen. „Es gibt nichts Spannenderes, als die Lebensgeschichten von anderen Menschen zu lesen und zu hören“, sagte der Kulturratschef. Zudem sei es ein „wichtiges gesellschaftliches Moment“ zu sehen, wie diese Menschen in die Gesellschaft eingebettet gewesen seien. Der Geschäftsführer des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur, Tobias Pehle, bezeichnete Friedhöfe in diesem Zusammenhang als „lebendige Geschichtsbücher“.
Wie Menschen bestattet würden, sei ein zentrales Element der jeweiligen Kultur, sagte Zimmermann. Es sei wichtig, sich an dieses kulturelle Erbe zu erinnern – und auch ein Auftrag der Auszeichnung als Immaterielles Kulturerbe. Die Friedhofskultur in Deutschland war 2020 in das bundesweite Verzeichnis der UNESCO aufgenommen worden. Bei der Auseinandersetzung mit diesen Themen sehe er „eine Menge Luft nach oben“, gerade angesichts des starken Wandels in der Bestattungskultur. Die Friedhofskultur müsse zudem Gegenstand in Kulturausschüssen sein – auf kommunaler, landes- und bundesweiter Ebene. Das gelte nicht zuletzt deshalb, weil es sich auch um Bildungsorte handle, so Zimmermann: „Wenn man unser Land verstehen will, ist der Gang über einen Friedhof durchaus sinnvoll.“
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