Frühjahrsoffensive – Ein Editorial von Claudia Auffenberg

Es ist Ende Februar, der Frühling sendet erste Grüße: Kraniche fliegen nach Norden, unter der Hecke blühen auf einmal die Schneeglöckchen, als hätte sie jemand über Nacht dort gepflanzt und die ersten Vögel haben mit ihrem Konzert begonnen. Eigentlich eine Zeit, die Mut und Zuversicht verbreitet. Und dann taucht in den Nachrichten dieses Wort auf: Frühjahrsoffensive. Die Zeit des erwachenden Lebens als geeigneter Moment, um den Tod zu bringen?

Was für eine kranke Idee, die die Militärs seit Jahrzehnten im Kopf haben. Jetzt also mutmaßlich Putin. Seit einem Jahr führt er Krieg. Seit einem Jahr werden auf seinen Befehl hin Menschen ermordet. Seit einem Jahr opfert er Söhne auch seines eigenen Landes. Seit einem Jahr macht er ukrai­nische und russische Ehefrauen zu Witwen und ukrai­nische und russische Kinder zu Waisen. Seit einem Jahr belügt er sein Volk und die ganze Welt. Und womöglich sich selbst? Wie sieht es aus im Inneren des Kreml­herrschers und um ihn herum?

Was macht das mit Ihnen, Wladimir Putin?

Was macht das mit Ihnen, Wladimir Putin? Können Sie noch schlafen? Wenn Sie der Wahrheit ins Gesicht sehen, muss Ihnen Angst um Ihr eigenes Leben, Ihre eigene Zukunft werden. Wenn Sie der Wahrheit ins Gesicht sehen, wird Ihnen doch klar, dass Sie diesen Krieg gegen das ukrai­nische Volk und gegen Ihr eigenes Volk, ja gegen die halbe Welt nicht gewinnen können. Und wenn Sie der Wahrheit ins Gesicht sehen, müssen Sie erkennen, dass Sie außerhalb Russlands kaum noch Freunde haben.

Was sehen Sie eigentlich, wenn Sie den Menschen in Ihrer unmittelbaren Umgebung ins Gesicht schauen – denen, die Ihnen den Haushalt führen, die für Sie kochen oder Ihre Wäsche machen, die Ihr Büro leiten oder Ihnen die Haare schneiden? Was sehen Sie, wenn Sie in deren Augen schauen: Bewunderung oder Angst? Gibt es noch irgendwen, der Sie mal in den Arm nimmt, wenn es nötig ist? Gibt es noch jemanden, dem Sie vertrauen, Wladimir Putin? Gibt es noch jemanden, der Sie liebt, nicht hündisch ergeben, sondern innig?

Auch in Moskau wird es bald Frühling, der Schnee wird tauen, die Menschen werden draußen flanieren und in den vielen Parks der Stadt wird der Flieder blühen und irgendwann die Apfelbäume. Moskau soll im Frühling besonders schön sein. Das Leben an sich ist sowieso im Frühling besonders schön. Weil das dann so zärtlich und so zerbrechlich und so erstaunlich ist. Starten Sie eine Frühjahrsoffensive, Wladimir Putin, eine Offensive für das Leben!

Ihre
Claudia Auffenberg

Weitere Texte von Claudia Auffenberg finden Sie hier

Schauen Sie doch mal in die aktuelle DOM-Ausgabe rein. Dort finden Sie eine Vielzahl an Berichten zur katholischen Kirche im Erzbistum Paderborn, deutschlandweit und auch weltweit. Es lohnt sich bestimmt.

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen