Gegensätze – Claudia Auffenberg zum Sonntags-Evangelium
Das Evangelium des heutigen Sonntags erzählt von zwei ziemlich gegensätzlichen Personen. In der vergangenen Woche bot einem das richtige Leben auch ein solches Gegensatzpaar. Es gab Bilder von zwei Menschen jeweils am Beginn einer neuen Lebensphase zu sehen: Angela Merkel und Dominikus Schwaderlapp.
Angela Merkel ist vom Bundespräsidenten entlassen worden. Das Bild zeigt sie, wie sie etwas linkisch lächelnd neben Steinmeier steht und die Urkunde wie ein Abschlusszeugnis hält. In den Medien ist sie schon mehr oder weniger zur Anbetung ausgesetzt. Das ist sicherlich übertrieben, doch was von ihr bleiben wird und sie eben auch in diesem Bild authentisch erscheinen lässt, ist ihre Uneitelkeit. Dass sie käuflich sein könnte oder sich irgendwo ein prunkvolles Wochenenddomizil hätte hinstellen lassen, ist schlicht nicht vorstellbar – auch wenn sie einem doch bis zuletzt auf eine merkwürdige Art fremd geblieben ist. Ihre Unbeholfenheit bei persönlichen Fragen oder ihr demonstratives Unbeeindrucktsein von dem Gewese auf diesem Pavianfelsen namens Weltpolitik sind jedenfalls ziemlich beeindruckend.
Dominikus Schwaderlapp ist Weihbischof in Köln und derzeit in Mombasa. Das Foto aus der letzten Woche zeigt ihn dort offenbar zu Beginn einer heiligen Messe. Er steht am Eingang einer Kirche, umrahmt von weiteren Zelebranten und trägt eine Mitra. So weit, so normal könnte man denken, und dennoch irritiert das Bild. Denn Schwaderlapp ist nicht auf Besuch in Mombasa, sondern weil das Missbrauchsgutachten der Kanzlei Gehrke ihm aus seiner Zeit als Generalvikar Pflichtverletzungen nachweist. Nachdem der Papst seinen Rücktritt verweigert hat, schlug Schwaderlapp vor, raus aus der Komfortzone zu kommen und „einen einfachen priesterlichen Dienst“ zu tun und zwar in Afrika. Danach sieht das Bild nicht gerade aus.
Nun weiß man nie, wie ein Foto zustande gekommen ist und ob es wirklich das zeigt, was man sieht bzw. zu sehen glaubt. Aber es ist auch nicht so, dass öffentliche Personen gar keinen Einfluss auf das Gesamtbild hätten, das von ihnen entsteht. Insofern wirkt dieses Bild durchaus authentisch– gerade das macht es so irritierend. Wie ehrlich war das mit dem einfachen, priesterlichen Dienst gemeint? Und ist schon vergessen (oder gar nicht verstanden), was zum Afrika-Aufenthalt geführt hat?
Wir alle sind vor Eitelkeiten nicht gefeit
Sicher, auch wir Journalisten sind vor Eitelkeit nicht gefeit. Auch unsereins steht in der Gefahr, Aufgabe und Person nicht ordentlich zu trennen und die eigene Bedeutung zu überschätzen. Aber es ist unsere Aufgabe, Fragen zu stellen. Zum Beispiel diese: Was geht denjenigen durch den Kopf, die jeden Abend im Stundengebet das Magnifikat beten und darin den Satz lesen: …er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind“?
Ihre
Claudia Auffenberg