Geschenk, vom Vater zugesagt
Hochzeitsgäste lassen Luftballons mit Karten steigen und geben so ihre Freude weiter, ohne genau zu wissen, an wen.Foto: „cdk/photocase
Mit dem Geist Gottes beschenkt, können wir zum Geschenk für andere werden.
„Geschenk, vom Vater zugesagt“, erinnern Sie sich, in welchem Kirchenlied diese Zeile vorkommt? Richtig! In dem beliebten Pfingstlied „Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein“ (GL Nr. 351,3).
Das immer wieder all seinen Geschöpfen neu gemachte Geschenk Gottes ist sein strömender Geist, „der Herr ist und lebendig macht“ (vgl. Credo). Das gesamte Leben ist ein einziges Geschenk des kreativen göttlichen Geistes. Dies hat Papst Franziskus aufgegriffen, als er uns das „Jahr der Barmherzigkeit“ schenkte. Neben den „leiblichen Werken der Barmherzigkeit“ ermöglichen uns Menschen auch die „geistlichen Werke der Barmherzigkeit“ (GL Nr. 29,3) das Geschenk der Christusbegegnung.
Ich lade Sie ein, über die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit nachzudenken – nicht in der Form, wo und wie auch immer ich sie anderen Menschen gegenüber gelebt habe. Vielmehr schlage ich einen Perspektivwechsel vor: Wo wurde ich mit einem geistlichen Werk der Barmherzigkeit beschenkt?
Unwissende lehren: „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern … und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (vgl. Mt 28, 20f). Wem verdanke ich das Geschenk, vom Glauben gehört und ihn kennengelernt zu haben?
Zweiflern raten: „Wir wissen weder aus noch ein und verzweifeln dennoch nicht“ (vgl. 2 Kor 4,8). Wem verdanke ich das Geschenk, in Not und Zweifel gehalten worden zu sein?
Trauernde trösten: „Kommt alle zu mir, die ihr euch mühselig plagt und Lasten zu tragen habt. Ich will euch Ruhe verschaffen“ (Mt 11,28). Wem verdanke ich das Geschenk, in einer schwierigen Situation Trost und Zuspruch erfahren zu haben?
Sünder zurechtweisen: „Wenn dein Bruder sündigt, dann weise ihn unter vier Augen zurecht“ (Mt 18,15). Wem verdanke ich das Geschenk, in turbulenten Zeiten hilfreiche Kurskorrektur erlebt zu haben?
Jenen, die Leid zufügen, verzeihen: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. (vgl. Lk 23,34) Wem verdanke ich das Geschenk, dass mir Fehler nachgesehen und Schuld verziehen wurden?
Lästige ertragen: Einer trage des anderen Last (vgl. Gal 6,2). Wem verdanke ich das Geschenk, mich von Menschen angenommen zu wissen, obwohl ich ihnen zur Last fiel?
Für alle beten: „Betet ohne Unterlass!“ (1 Thess 5,17) Wem verdanke ich das Geschenk der Begleitung im Gebet?
Wer sich all dieser Geschenke dankbar bewusst wird, kann wohl nicht anders, als all das Gute quasi automatisch weiterschenken zu wollen – wie es auch im eingangs erwähnten Pfingstlied heißt: ‚Geschenk, vom Vater zugesagt, du, der die Zungen reden macht.‘ Denn wovon das Herz voll ist, davon spricht bekanntlich der Mund, wie Jesus im Matthäusevangelium sagt (vgl. Mt 12,34). Passend dazu betont auch Papst Franziskus, dass jeder Mensch, der das Geschenk der Barmherzigkeit selbst erlebt hat, es weiterschenken will.
Vielleicht ein wenig so, wie wir es im heutigen Evangelium lesen: „Er hauchte sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist“ (Joh 20,21). Dieses österliche Geschenk des Auferstandenen ist auch an Pfingsten 2016 lebendig! „Denn jedem wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt“, wie es auch der hl. Paulus in der Lesung des heutigen Tages formuliert (vgl. 1 Kor 12,7).
Pastor Stefan Tausch
Leiter des Bildungs- und Exerzitienhauses St. Bonifatius in Winterberg-Elkeringhausen.