Gott redet „menschlich“
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Am Pfingstsonntag bedauert man ja allgemein gern die Lektoren, wenn sie beim Verkünden der Pfingstlesung über die „Parther, Meder und Elamiter“ stolpern, ganz zu schweigen von denen „aus Phrygien und Pamphylien“. Ausgerechnet die Geschichte, in der es um die Verständigung, um das Reden in Zungen geht, reiht einen Zungenbrecher an den anderen und macht einem das Sprechen so schwer.
Was mag sich Lukas, aus dessen Feder diese Geschichte stammt, wohl dabei gedacht haben, möchte man ein wenig vorwurfsvoll fragen.
Geantwortet hätte er womöglich ungefähr so: „Entschuldigung, aber mit Kommunikation unter Menschen, mit dem Beherrschen fremder Sprachen hat meine Erzählung nur sehr am Rande zu tun.“ Auf diesen Gedanken bringt einen der Neutestamentler Prof. Hubert Frankemölle. Er hat an der Uni Paderborn gelehrt, der jüdisch-christliche Dialog ist ihm ein Herzensanliegen und im Gegensatz zu Lukas kann man ihn heute noch fragen.
Die Erzählung des Pfingstereignisses ist auf zweierlei Weise eine jüdische Tradition. Zum einen ist sie eine wunderbar erzählte Geschichte. „Bis heute erzählen Juden Geschichten“, sagt Frankemölle, Jesus selbst hat in Geschichten, den Gleichnissen, gesprochen. Auch dieses Kapitel aus der Apostelgeschichte ist eine Erzählung, kein historischer Bericht, weswegen der Begriff „Pfingstereignis“ etwas problematisch ist. Lukas, der Erzähler, greift auf Motive zurück, die er aus seiner Bibel, unserem heutigen sogenannten Alten Testament und dessen jüdischen Auslegungen, kennt: Sturm, Brausen, Zungen wie von Feuer, Reden in verschiedenen Sprachen.
Und dies ist die andere biblisch-jüdische Tradition: die Gewissheit, dass dieser Gott, der Gott Jesu, sich an alle Menschen des Erdkreises wendet. Und alle Menschen des damals bekannten Erdkreises, das waren eben die Parther, Meder und Elamiter und all die anderen, die Lukas aufzählt. Sie alle hören die Jünger, so heißt es, in ihrer Muttersprache. Frankemölle: „Lukas sagt damit: Es gibt nur eine einzige Offenbarung Gottes, die aber jeder, der glaubt, in seiner Muttersprache erfahren kann.“ Die Erfahrung, die dahinterstecke: Diejenigen, die an Gottes Handeln in Jesus glauben, sind vom Geist erfüllt. Interessanterweise ist der Erste, der vom Geist erfüllt wird, Jesus selbst. So sagt es Petrus in seiner Rede, die er an jenem Tag in Jerusalem hält: „Zur Rechten Gottes erhöht, hat er (Jesus) vom Vater den verheißenen Heiligen Geist empfangen und ihn ausgegossen, wie ihr seht und hört.“
Die Pfingstgeschichte ist übrigens auch keine Gegengeschichte zum Turmbau zu Babel, weil zu Pfingsten die Vielsprachigkeit der Menschheit ja nicht abgeschafft wird. Zur Verständigung der Menschen damals im Römischen Reich hätte es ein solches Ereignis sowieso nicht gebraucht. Mit Griechisch und unter Juden auch mit Aramäisch kam man im ganzen Römischen Reich zurecht.
Gott aber spricht eben nicht nur griechisch oder aramäisch oder lateinisch, er spricht „menschlich“. Für die Juden war das schon immer klar.