Gotteshaus in Fröndenberg in Fahrradkirche umgewandelt
Einen Raum der Inspiration und Entspannung bietet die Fröndenberger Fahrradkirche. (Foto: Helmut Rauer)
Mit der Zeit zu gehen, heißt für die Fröndenberger Katholiken, aufs Fahrrad zu setzen. Um ihre Kirche St. Josef vor der drohenden Schließung zu retten, haben sie ihr Gotteshaus in eine Fahrradkirche umgewandelt. Und die erfreut sich seit der Eröffnung im Frühsommer zunehmender Beliebtheit.
Auf dem Rasen an der Kirche stehen Picknicktische – eine Familie packt Tee und Brote aus. Ein paar Meter weiter am Kirchturm steckt jemand das Ladekabel für sein Elektro-Rad in die Steckdose. Währenddessen wartet neben der Kirchentür die kleine Reparaturstation darauf, dass jemand seinen „Drahtesel“ auf das Gerüst hängt, um einen Reifen zu flicken oder mit dem bereitliegenden Werkzeug Schrauben festzudrehen. Toiletten können aufgesucht, Wasserflaschen aufgefüllt werden.
Fahrradkirche ist täglich geöffnet
„Hier ist immer was los“, sagt Mona Schomers, Gemeindereferentin für den Pastoralen Raum Unna-Fröndenberg-Holzwickede. Auch sie gehört zum ehrenamtlichen Projektkreis Fahrradkirche. „Die Kirche ist in der Regel täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnet, ständig sind Besucher da.“ Da St. Josef direkt am belebten Ruhrtalradweg liegt, ist am Wochenende und in den Ferien trotz noch fehlender großer Schilder besonders viel los – vor der Kirche und in der Kirche.
Draußen wird technisch aufgetankt, drinnen spirituell. Beim Reingehen fällt sofort das digitale Schaltpult ins Auge. Jeder Besucher kann auf dem Touchscreen gratis auswählen, was er hören und sehen will, um sich zu entspannen oder inspirieren zu lassen. Lichtbänder an Decke und Wänden tauchen die Kirche je nach Programmwahl in ein anderes stimmungsvolles Licht. Rot-gelb gefällig oder lieber in blau? Aussuchen kann man auch, was aus den Lautsprechern ertönen soll: Ein Lied aus dem Gotteslob, gregorianischer Gesang oder Psalmen mit Meditationsmusik. Vieles ist möglich, auch ein Kirchen-Rap und biblische Geschichten für Kinder.
Ein Ort, an dem man Gott näher sein kann
„Die Resonanz ist eindeutig positiv“, sagt Schomers. Viele Eintragungen im fast vollen Gästebuch bestätigen dies: „tolle Atmosphäre“, „wunderbarer Sehnsuchtsort“, „Hier kann man Gott näher sein“ und „ein tolles Beispiel, was moderne Kirche bedeuten kann“. Ein begeisterter älterer Mann aus Hagen überrascht im Gespräch mit dem Dom mit der Frage: „Warum hat man den Altar eigentlich drin gelassen?“
Der Altar wird gebraucht. St. Josef will kein reiner Multimedia-Erlebnisort mit abrufbaren Showeffekten sein, sondern Kirche bleiben – eine der besonderen Art. Dafür haben engagierte Fröndenberger vor zwei Jahren gekämpft. Sie verhinderten den Plan, die Kirche wegen Priestermangels zu schließen, indem sie neue Wege suchten. Die Idee der Fahrradkirche wurde geboren. Das Erzbistum sagte zu, dass bei einem solchen Projekt weiter Gottesdienste stattfinden können und beteiligte sich mit 50.000 Euro an den Kosten. So freuen sich die Fröndenberger, zweimal wöchentlich Gottesdienste bzw. Wort-Gottes-Feiern in St. Josef feiern zu können.