Hinter den Kulissen – Editorial zur Stellungnahme des Vatikans
Der Synodale Weg trifft im Vatikan nicht unbedingt auf Verständnis. Das aktuelle Schreiben aus Rom zeigt, wie weit die Ansichten über den Reformprozess auseinandergehen. (Foto: Synodaler Weg/Max von Lachner
Der Synodale Weg trifft im Vatikan nicht unbedingt auf Verständnis. Das aktuelle Schreiben aus Rom zeigt, wie weit die Ansichten über den Reformprozess auseinandergehen. Claudia Auffenberg äußert sich in ihrem aktuellen Editorial zur Stellungnahme des Vatikans.
Beipackzettel von Medikamenten, Dramen von Shakespeare oder die biblischen Bücher haben wohl eins gemeinsam. Sie alle sind auf eine bestimmte Weise aktuell. Soll heißen: Sie reagieren auf eine Frage oder eine Debatte, die zur Zeit ihrer Entstehung existierte. Das gilt ebenso für vatikanische Texte, so arglos sie auch in die Welt plumpsen. In der vergangenen Woche war es mal wieder so weit. Scheinbar wie aus heiterem Himmel veröffentlichte der Heilige Stuhl – Konkreteres wurde über den Absender nicht gesagt – ein kurzes Wort zum Synodalen Weg. Darin heißt es: „Der ‚Synodale Weg‘ in Deutschland ist nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten.“ Angesichts dieses Hinweises darf man doch überrascht sein, denn hier wird vor etwas gewarnt, das gar nicht droht.
Am selben Tag informierte das Hilfswerk Adveniat über eine Kolumbienreise seines Hauptgeschäftsführers, auf der er Falschinformationen über den Synodalen Weg, die in Lateinamerika kursieren, korrigiert hat. Dort nämlich meinen viele, die Kirche in Deutschland wolle sich von der Weltkirche abspalten.
Diesen Verdacht hört man ja nicht zum ersten Mal, und man fragt sich: Woher kommt dieses Misstrauen? Weil es in Deutschland „neulich“ mal eine Reformation gab?
Stellungnahme des Vatikans zeigt: „Hinter den Kulissen scheint also eine Menge los zu sein“
Anlass für die aktuelle Stellungnahme aus dem Vatikan dürfte die bevorstehende Synodalversammlung Anfang September sein, bei der einige bedeutsame Beschlüsse zur Abstimmung anstehen. Derzeit sind die Synodalen dabei, ihre Änderungsanträge einzupflegen, und es ist wohl nicht völlig absurd zu vermuten, dass in Rom jemand frühzeitig Einfluss nehmen und mehr oder weniger eindeutige Hinweise an die Bischöfe geben möchte.
Hinter den Kulissen scheint also eine Menge los zu sein. Geistliche Prozesse, die immer beschworen werden, stellt man sich jedenfalls anders vor.
Und während da mit geschlossenem Visier gefochten wird, sehen wir hierzulande mit größter Sorge in die Zukunft, geplagt von der dunklen Ahnung, dass das kirchliche Leben in seiner jetzigen Form in wenigen Jahren flächendeckend zusammenbrechen wird. Das wird auch der Synodale Weg nicht mehr aufhalten können. Man muss auch kein Fan dieses Prozesses sein, aber man sollte ihm doch mindestens unterstellen: Sein Anliegen ist es, dass die Kirche in Deutschland im 21. Jahrhundert mit glaubwürdigen Menschen und in glaubwürdiger Gestalt tut, wozu sie der Herr beauftragt hat: die begründete Sehnsucht nach Gott in den Menschen zu wecken oder wachzuhalten. Oder anders gesagt, ihnen bzw. uns zu helfen, in Zeiten wie diesen den Kopf über Wasser zu halten.
Ihre
Claudia Auffenberg