Historisch? – Claudia Auffenberg über die Weltsynode
Der Petersdom in Rom. (Foto: Patrick Kleibold)
Als Johannes XXIII. im Januar 1959 vor einer kleinen Runde von Kardinälen überraschend die Einberufung eines Konzils angekündigt hatte, da waren diese – so wird erzählt – derart geschockt, dass sie nicht mal aus Höflichkeit applaudiert haben. Ein Konzil schien damals nicht nötig. Es gab kein existenzielles Problem, das in vergangenen Jahrhunderten Anlass für eine solche Versammlung war und – bitte –, das letzte Konzil 1870/1871 hatte die Stellung des Papstes derart gestärkt, dass er entscheiden konnte, wenn er meinte, es gäbe was zu entscheiden. Doch Johannes XXIII. sah sehr wohl ein existenzielles Problem der Kirche, deswegen brachte er die Kirche in Unruhe. Und bei der Eröffnung tat er es noch einmal. Er hielt eine legendäre Ansprache, die die Vorarbeiten der Kurie im Grunde zunichtemachte und dafür sorgte, dass bei der ersten Sitzungsperiode nichts beschlossen werden konnte. Rückblickend kann man nur bewundern, welchen Mut der Papst damals hatte, sich und seine Kirche im Januar 1959 in dieses Abenteuer zu schicken.
Es geht um die Kirche als Ganzes
Könnte das vergangene Wochenende auch so ein historischer Moment gewesen sein? Der jetzige Papst hat etwas in Gang gesetzt, für das es noch gar kein passendes Wort gibt: Weltsynode schreibt die Katholische Nachrichten-Agentur, manche sprechen von einem Prozess, in den römischen Dokumenten ist bezeichnenderweise manchmal von einem synodalen Weg die Rede. Bislang waren Synoden Versammlungen der Bischöfe mit thematischen oder regionalen Schwerpunkten. Doch dieses Mal geht es um die Kirche als Ganzes. Thema der Synode ist die Synodalität selbst. Diese nämlich sei „ein Stil und eine Haltung, mit der die Kirche ihre Sendung in der Welt erfüllt“, heißt es in dem Vademecum, dem offiziellen Handbuch.
Ehrlicherweise muss man zugeben, dass der Papst damit auch einen gewaltigen Störfaktor in die Welt gesetzt hat. In manchen Ländern der Erde laufen bereits solche Prozesse, in Deutschland hat sich jedes Bistum auf einen eigenen Weg gemacht. In Paderborn startet am übernächsten Wochenende der „Diözesane Weg 2030+“. Man kann sich vorstellen, dass die Begeisterung über das päpstliche Vorhaben nicht gerade überbordend war. Hatte man doch gerade selbst Strukturen und Zuständigkeiten geklärt sowie Logos und Arbeitsmaterial gedruckt. Und nun das! Wer soll das alles bewältigen, wer den Durchblick behalten? In Paderborn passt immerhin das Timing einigermaßen.
Doch man muss auch zugeben, dass auf regionaler oder nationaler Ebene Probleme auf den Tisch kommen, die – wie es immer so schön heißt – vor Ort nicht gelöst werden können. Vielleicht ist die Idee also gar nicht so schlecht, jetzt die Weltkirche in Wallung zu bringen. Wir werden es sehen! Den 9./10. Oktober 2021 jedenfalls merken wir uns vorsichtshalber mal.
Ihre
Claudia Auffenberg