02.11.2018

Höre und liebe!

Mit dieser Aktion startete die Evangelische Kirche von Hessen-­Nassau 2016 ins Jahr des Reformationsgedenkens: die Bibel auf einem Bierdeckel. Foto: EKHN/gobasil

von Maren Gödde

Die Frage aller Fragen wird im heutigen Sonntagsevangelium gestellt: Was ist das wichtigste Gebot? Die Frage des Schriftgelehrten scheint eine echte Frage zu sein. Keine Fangfrage, um Jesus auf die Probe zu stellen.

Voraus gehen diesem Text mehrere Situationen, in denen es um richtig komplizierte Fragen geht, z. B. wem man Steuern zahlen soll, ob es eine Auferstehung gibt und wie diese aussieht. Oft wird Jesus dabei auf die Probe gestellt, es wird darauf gelauert, dass er Antworten gibt, die ihn als Gotteslästerer enttarnen. Ein Schriftgelehrter hat aufmerksam alle Antworten Jesu gehört und nun interessiert ihn wirklich, was denn nun das wichtigste Gebot ist. Wer möchte das nicht wissen? Wenn ich das wüsste, müsste ich mich nur daran halten und alles wäre gut. Das würde das Leben doch einfach machen.

Was antwortet Jesus? Seine erste Antwort lautet „Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft.“ Mit diesen Worten fängt das höchste jüdische Gebet, das Sch’ma Israel an, welches die Juden mehrfach am Tag beten und welches auch an jeder Eingangs­tür der Juden hängt. Interessant ist, dass dieses wichtigste Gebot nicht mit „Du sollst“, „Tu dies oder jenes“ anfängt, sondern mit der Aufforderung „Höre“! Wie gut täte es uns manches Mal, wenn wir erst mal hören würden: auf das, was mein Gegenüber bewegt. Auf das, was mein Kind mir zu sagen hat. Auf das, was meinem Partner wichtig ist. Und auch darauf, ob Gott mir etwas sagen möchte. Stattdessen sind wir oft geneigt, erst mal zu reden und zu sagen, was wir (meinen zu) wissen. Nicht selten führt das zu Konflikten, weil wir einander nicht verstehen. Mangelndes Zuhören und zu viel reden führt nicht selten zu Missverständnissen in der Kommunikation.

Die Antwort Jesu hat einen zweiten Teil. Sehr geschickt fügt Jesus nahtlos an: Als zweites kommt hinzu: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ Klug hat er aus diesen beiden Geboten einfach eins gemacht. Das Zentrale in beiden Geboten: die Liebe!
Vor einiger Zeit war in aller Munde, dass eine Steuererklärung auf einen Bierdeckel passen muss. Kurz und prägnant muss es sein. Einfach soll es sein. Neulich bekam ich einen Bierdeckel geschenkt, der die Aufschrift trug: „Die Bibel auf einem Bierdeckel? Christsein konkret. 30.442 Verse in 3 Sätzen“. Zugegeben, das macht schon neugierig. Wie kann denn die Bibel auf drei Sätze reduziert werden? Was ist in meinen Augen das Wichtigste am Christsein? Vieles kommt mir dabei in den Sinn, was wichtig scheint. Aber in drei Sätzen? Neugierig drehte ich den Deckel um und auf der Rückseite fanden sich die drei folgenden Sätze:

 

  1. Liebe Gott. (Vielleicht erst mal kennenlernen?),
  2. Liebe dich selbst. (Egal, was dein Spiegel heute sagt.) und
  3. Liebe die Anderen. (Koste es, was es wolle?). Darunter die Aufforderung: „Reden wir drüber. Eine Aktion der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau“.

Ich bin beeindruckt. Eigentlich braucht es tatsächlich nur diese drei Sätze, um den Kern unserer Botschaft deutlich zu machen. Liebe! Wenn ich dem anderen mit Liebe begegne, dann kann ich keinen Unfrieden stiften. Wenn ich Gott liebe, der mich zuerst und bedingungslos liebt, dann ist das ein unfassbar tiefes Fundament für mein Leben. Wenn ich jemanden liebe, nehme ich mir Zeit zu hören, was diesen Menschen bewegt. Wenn ich Gott liebe, möchte ich darauf hören, was Gott mir heute sagen möchte. Gehen wir hörend und liebend durch die kommende Woche und durch das Leben. Dann sind wir nicht fern vom Reich Gottes.

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