26.06.2019

Jesus – unser Weg!

Füchse haben Höhlen, der Menschensohn hat keinen Ort, an dem er ruhen kann. Foto: Kurt F. Domnik / pixelio

In der Nachfolge Jesu gehen wir seinen Weg, der zu Gott, seinem Vater, führt.

von Carola Thomann

Das Evangelium des heutigen Sonntags beginnt mit einem feierlichen Prolog zum „Aufstieg Jesu in den Himmel“, der über Jerusalem führt, wo er seine messianische Berufung vollendet. Was war vorausgegangen? Seine Erfahrungen in Galiläa hatten Jesus veranlasst, die Jünger zu fragen, was die Leute über ihn sagen und ebenso, was sie selbst über ihn denken, nämlich WER ER IST – für sie. Auf die überraschende Antwort des Petrus „Du bist der Christus“, macht Jesus ihm deutlich, dass nur sein Vater ihm diese Erkenntnis vermitteln konnte (Lk 9,20).

Auf dem Berg Tabor, wo sich das Antlitz Jesu völlig verklärt, hören Petrus, Jakobus und Johannes das Wort des Vaters: „Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören“ (Lk 9,35): Nach dem Abstieg kündigt Jesus seinen Jüngern an – wie bereits vor dem Aufstieg –, dass der Menschensohn den Menschen ausgeliefert werde. Können die Jünger diese Rede verstehen? Jesus, der sich durch die Erfahrung auf dem Berg Tabor bestärkt weiß, richtet jetzt seinen „Blick fest auf Jerusalem“ und beginnt zielgerichtet seinen Aufstieg zur heiligen Stadt: Das ist die Haltung des Propheten, des Dieners, der den Weg des Gehorsams geht. Doch was macht diesen Weg aus, was geschieht dort?

Der Weg nach Jerusalem muss durch Samarien führen. Dort wird Jesus nicht aufgenommen; es gibt Widerstände: Offensichtlich passt es einigen nicht, dass Jesus nach Jerusalem geht. Sie sind auch grundsätzlich – aus ihrer historischen Erfahrung heraus – gegen die Erwählung Israels und Jerusalems. Doch den entrüsteten Vorschlag von Jakobus und Johannes, als Reaktion Feuer vom Himmel he­rabzurufen, lehnt Jesus strikt ab; er bringt kein Feuer, um Feinde zu verbrennen, sondern die Liebe, die vergibt. Jesus lässt sich von der Ablehnung nicht beeindrucken und richtet sich unvermittelt auf einen anderen Ort aus, um den Weg nach Jerusalem fortzusetzen.

Von jetzt an ist das Evangelium nicht nur ein WORT, das zu hören ist, sondern vor allem ein WEG, der zu gehen ist. Und dieser Weg, den die Jünger mit IHM gehen, ist gekennzeichnet von Bedingungen. Werden diese verstanden? Auf diesem Weg nach Jerusalem gibt es drei aufeinanderfolgende Berufungsszenen. Dabei macht Jesus zum einen deutlich, dass eine Berufung keine Eigeninitiative ist, sondern dass ER der Rufende ist (vgl. Joh 15,16) und dass dieser Ruf in die absolute Armut hineinführt; denn „der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann“ – es sei hier an die Krippe und die Nacktheit des Kreuzes erinnert –; zum anderen ist der Ruf Jesu „Folge mir!“ kein Ruf in die Zukunft hinein, sondern heißt „jetzt“ und kann nicht auf morgen verschoben werden; und weiter, wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, kommt auf dem Weg nicht voran, ein Aufschub ist nicht möglich.

Der stetige Aufstieg nach Jerusalem wird zu einer Einladung, alle eigenen Prioritäten – so verständlich sie auch sein können – aufzugeben: In der Nachfolge ist es notwendig, der Versuchung des „Habens“, der „Macht“ und des „Erscheinens“ zu widerstehen. Jesus selbst hat nach seiner Taufe, in der Kraft des Geistes, diese Versuchungen in sich selbst überwunden (vgl. Lk 4,4–12). In die Armut, die Machtlosigkeit und Demut eingetaucht, gibt Jesus aus Liebe sein Leben für die Brüder und Schwestern hin, um es danach wieder zu nehmen und zum Vater heimzukehren (vgl. Joh 10,18). Und nach der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu werden die Jünger, die seine Mission fortsetzen, „Anhänger dieses [neuen] Weges“ genannt (Apg 9,2), der über Jerusalem letztlich zum Vater führt.

Jesus, der sich selbst als den Weg bezeichnet (vgl. Joh 14,6), geht voran: Ihm folgend, auf sein verklärtes und entstelltes Antlitz schauend, gelangen die Jünger von gestern und heute zur Freiheit von Dingen, von Personen und vom eigenen Ich, um den Weg nach Jerusalem bis zu Ende mitzugehen. Sie werden Freude und Ermutigung schöpfen aus dem Wort des Psalmisten: „Selig die Menschen, die Kraft finden in dir, die Pilgerwege im Herzen haben. [] Sie schreiten dahin mit wachsender Kraft [](Ps 84,6).

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