KI – Predigt in Paderborn bald ein Chatbot?

Hannah Bernhard (Fraunhofer IEM), Alexandra Boxberger, Dominik Kräling (beide City-­Pastoral), Dr. Harald Anacker (Fraunhofer IEM), Heiko Appelbaum (Citymanager), Tommy Falkowski (Fraunhofer IEM) und Benedikt Fischer freuen sich auf viele Besucher. (Foto: Patrick Kleibold)

Ist es nur eine Zukunftsvision oder kann künstliche Intelligenz (KI) schon in einigen Jahren den ­Priestermangel in der Kirche kompensieren? Zu Libori geht eine Ausstellung in der Paderborner ­Gaukirche der Frage nach, welche Möglichkeiten die KI für die Gesellschaft und für die Kirche bietet.

Paderborn. Stellen Sie sich folgendes Bild vor: Der ihnen aus ihrer Kirchengemeinde vertraute Priester erscheint während des Gottesdienstes nicht selbst, sondern in Form eines Ava­tars, sprich in Form einer virtuell erschaffenen Kunstfigur. Diese Figur sieht aus wie der Priester und hat sogar den exakten Stimmfall, der ihnen vertraut ist. Und dann stellen sie sich vor, dass die Predigt, die diese virtuelle Figur spricht, von einem Computer­programm geschrieben wurde. Für viele mag diese Vorstellung wie eine Szene aus einem Science-Fiction-­Film erscheinen, doch schon jetzt ist das keine Fiktion mehr. Zu Libori können Besucher der Gaukirche erleben, welches enorme Potenzial die KI bietet. Während der Mittagsgebete am Montag und Dienstag um 12.00 Uhr wird ein künstlich geschaffenes Abbild vom Pfarrer der Sankt-Liborius-­Gemeinde, von Benedikt Fischer, in Form eines Ava­tars predigen. Die Mittagsgebete sind Teil der ­Ausstellung „Künstliche Intelligenz in Kirche und Gesellschaft“, die vom 23. bis zum 27. Juli 2023 in der Gaukirche zu sehen ist.

KI ist ein fester Bestandteil der Gesellschaft

„Künstliche Intelligenz ist bereits jetzt ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Niemand kann sich ihr entziehen, auch unsere Kirche nicht. KI bietet unserer Kirche die Chance, über die Themen, die uns wichtig sind, ins Gespräch zu kommen. Das versuchen wir zu Libori“, erläutert Benedikt Fischer, der auch davon ausgeht, dass die Ausstellung Irritationen und Erstaunen auslösen wird. „Wir haben ganz bewusst die digitale Welt mit der Tradition eines Kirchengebäudes in Verbindung gebracht. Wir erhoffen uns einen regen Austausch und kontroverse Diskussionen“, fügte Fischer hinzu.

Bereits vorausgegangene Ausstellungen zu Libori wie die „Zehn Gebote“ von Udo Lindenberg oder die „Peacebell-­Ausstellung“ von ­Michael ­Patrick ­Kelly hätten den Ansatz verfolgt, miteinander ins Gespräch und in einen Diskurs einzusteigen. „Es geht uns nicht um richtig oder falsch, sondern um einen Diskussionsbeitrag“, sagt Fischer. Ziel der Ausstellung sei es, neben den vielfältigen Chancen durch KI auch Grenzen in den Blick zu nehmen, die es bei der Entwicklung und beim Einsatz von KI einzuhalten gelte.

Eine Definition von KI lautet im Internet wie folgt: „Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Krea­tivität zu imitieren.“ Daher stehen im Mittelpunkt der Ausstellung KI-­generierte Bilder und Motive, die traditionelle Themen der Kirche und des Neuen Testamentes aufgreifen und den traditionellen Bildern und Motiven gegenübergestellt werden.

KI hat Kunst selbst kreiert

Dazu haben ein Team aus der Paderborner City-­Pastoral, der Sankt-Liborius-­Gemeinde, dem Erzbistum, des Paderborner City­managements und des Fraunhofer Instituts IEM ein Computerprogramm mit Schlagworten, Themen oder Aufgabenstellungen konfrontiert. Auf der Basis des online abrufbaren Wissens hat die KI dann anhand dieser Eingaben Kunstwerke erstellt. Diese betrachten beispielsweise Bilder des Kreuzweges Jesu von einer ganz neuen Perspektive. „Die Bilder erschließen sich sicherlich nicht für jeden auf den ersten Blick. Daher haben wir ein Handout mit Fragen und Antworten für die Besucher erstellt. Diese können sich zum einen mit dem Bild an sich und wie es auf sie wirkt auseinandersetzen und dann haben sie noch die Möglichkeit, sich mit der ­Herleitung zu beschäftigen, sprich damit, welche Eingaben die KI verarbeitet hat“, sagt Alexan­dra Boxberger von der City-Pastoral.

Technologiepartner der Ausstellung ist das Fraunhofer IEM, das für die Umsetzung zuständig ist. „Zuerst waren wir erstaunt, dass wir von der Kirche angesprochen wurden. Das hatten wir so nicht erwartet“, sagt Tommy Falkowski, der die technische Umsetzung mit ermöglichte. Üblicherweise setzen die Forscher des Fraunhofer IEM KI in Projekten mit Industrieunternehmen ein, um dort Produkte und Prozesse zu verbessern. „Neben den technischen Möglichkeiten betrachten wir auch immer die organisatorische und menschliche Dimension. Wir fragen etwa: Welche Auswirkungen hat die Einführung neuer ­Technologien auf die ­Arbeitnehmer, die Arbeitsprozesse oder die Unternehmenskultur? In der Ausstellung ‚KI in Kirche und Gesellschaft‘ geben wir einen Einblick in die Technologie und zeigen das ­Zusammenwirken mit KI. ­Hierbei werden auch ethische Fragen aufkommen – die wir mit den Besuchern ­diskutieren wollen“, sagt Dr. Harald Anacker vom Fraunhofer IEM.

Wir möchten aus der Gaukirche einen Raum der Auseinandersetzung über das Thema KI machen. Vorwiegend geht es um Fragen wie: Was ist in der KI alles denkbar? Wie stehen wir als Kirche dazu, wollen wir das? Soll KI beispielsweise im medizinischen oder im Pflegebereich eingesetzt werden und welche Entscheidungen überlassen wir der KI? Oder gibt es auch noch Fähigkeiten, die nur der Mensch mitbringt? Diese Fragen sind gesellschaftlich relevant und wir brauchen eine ­Auseinandersetzung darüber. Und als Kirche sollten wir uns da unbedingt einbringen“, sagt Fischer.

Kostenfreier Eintritt

Eröffnet wird die Ausstellung am Libori-­Sonntag um 17 Uhr. In den folgenden Tagen kann sie von 11.30 bis 19 Uhr besucht werden. Am Mittwoch und Donnerstag von 18 bis 19.30 Uhr werden Diskussionsrunden zum Thema KI und von Montag bis Donnerstag jeweils um 14 und 16 Uhr Live-Demonstrationen zur Erstellung von KI-­Inhalten angeboten. Der Eintritt ist kostenfrei. Es wird um Spenden für die Bahnhofsmission und ein Frauenhaus gebeten.

Patrick Kleibold

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