05.05.2022

„Kriegsende würde ich gern verlesen“ – Im Gespräch mit Thorsten Schröder

Thorsten Schröder war zu Gast in Paderborn, um aus seinem neuen Buch „Mit jeder Faser“ zu lesen. (Foto: Patrick Kleibold)

Als Sprecher und Moderator der Tagesschau ist Thorsten Schröder regelmäßig zu Gast in ­Millionen Wohnzimmern. Wie er medial die Kirchen wahrnimmt, was seriösen Journalismus ausmacht und wen er gerne einmal interviewen möchte, darüber sprach er mit der Dom-­Redaktion.

Paderborn. „Tagesschau-­Sprecher ist ein Traumberuf“, sagt Thorsten Schröder (54), der als Kind gerne Fußballreporter werden wollte. Doch wie bei vielen Menschen kam es auch bei ihm anders als gedacht. Bereits während seines Studiums zum Volkswirt produzierte er Beiträge für den NDR-­Hörfunk, machte eine Sprecherausbildung und landete daraufhin bei der ARD-­Tagesschau. Seit 2007 ist er einer von mehreren Sprechern der Tagesschau und moderiert zudem die Sendungen „NDR-­Aktuell“ sowie das „ARD-­Nachtmagazin“.

An seine erste Sendung erinnert er sich nur vage: Es sei eine kleine dreiminütige Sendung gewesen. „Sie war in der Mittagszeit versteckt, ein guter Zeitpunkt, um sich einmal auszuprobieren. Aber natürlich war ich nervös und aufgeregt. Vorher war ich beim Radio und bin dann – wie die Jungfrau zum Kinde – zum Fernsehen gekommen“, schildert Schröder seine Erinnerungen. Anschließend sei er froh gewesen, dass die Premiere einigermaßen geglückt war. Nachrichten in Millionen von Haushalten zu bringen sei für ihn immer noch etwas Besonderes. „Vor der Tagesschau bin ich immer noch aufgeregter, nervöser und angespannter als bei allen anderen Sendungen, die ich moderiere. Aber die Anspannung gehört dazu, sie hilft, die Konzentration hochzuhalten“, schildert Schröder seine Gefühlswelt vor einer Sendung.

Der Wunsch nach mehr positiven Nachrichten

Wenn der Gong der Tagesschau ertönt, moderiert er 15 Minuten lang durch die tagesaktuellen Nachrichten. Diese sind derzeit stark von Berichten über Kriegsschauplätze, humanitäre Kata­strophen und Notsituationen bestimmt. „In der Redaktion hoffen wir immer, dass wir neben den Beiträgen über Corona oder jetzt eben den Krieg in der Ukraine genügend Platz haben, um kulturelle oder sportliche Themen zu setzen. Doch leider gelingt das nicht immer“, sagt Schröder. Natürlich wünsche er sich mehr positive Nachrichten. „Aber wenn ich mich mit einem Freund treffe, ist es ja nichts anderes. Man erzählt nicht über das, was normal läuft, sondern heute bin ich geblitzt worden oder heute hatte ich Krach mit meiner Frau. Solche außergewöhnlichen unschönen Dinge sind oftmals Gesprächsthema.“ Daher stecke für ihn eine gewisse Logik dahinter, dass der überwiegende Teil der Medienbeiträge eher aus schlechten Nachrichten besteht.

Thorsten Schröder: „Kirche wird intensiv abgebildet“

Auch die Berichterstattung über die Kirche, insbesondere über die katholische Kirche, sei eher von negativen Schlagzeilen geprägt. „Medial kommen die Kirchen sehr häufig bei uns vor, sie spielen eine große Rolle. Bei sämtlichen Feiertagen kommen die Kirchenvertreter zu Wort und werden abgebildet. In der Tagesschau haben die Kirchen in vielen verschiedenen Facetten einen Platz, in denen ihre Position zum Krieg klar wird. Aber die Skandale kommen dann natürlich genauso vor. Kirche wird, so glaube ich, intensiv abgebildet“, sagt Schröder, der zwar konfirmiert wurde, sich selbst aber als nicht gläubig bezeichnet.

Trotzdem gefalle ihm, wie sich Kirchenvertreter wie beispielsweise Margot Käßmann in der Öffentlichkeit zu Wort melden. „Diese Einmischung beim Krieg, bei sonstigen gesellschaftlichen Fragen, auch im Einsatz für soziale Gerechtigkeit und für Rücksichtnahme und Empathie kann ich so unterschreiben. Ich freue mich darauf, deren Stimme laut und deutlich zu hören und diese dann in der Tagesschau zu verkünden“, sagt Schröder voller Anerkennung.

Auf die Frage, wie er sich privat informiere, kommt Schröder wieder auf die Tagesschau zu sprechen. Diese sei seine Hauptinformationsquelle. Dort würden ganz sicher keine Fake News verbreitet. „Wir gucken genau hin. Dafür haben wir unsere Korrespondenten und verifizieren oder versuchen so weit wie möglich zu verifizieren, ob die Informationen stimmen. Manchmal gibt es Journalisten vor Ort, die das überprüfen können, manchmal eben nicht. Ein wichtiges Kennzeichen der seriösen journalistischen Arbeit ist es, dass wir das dann schreiben oder dazu sagen. Gerade die Journalisten vor Ort gucken genau hin, ob eine Nachricht stimmt oder nicht. Sie überprüfen den Wahrheitsgehalt. Wir können nur das als Wahrheit und Faktum vermitteln, was auch wirklich als solches überprüft worden ist“, schildert Schröder die Recherchearbeit in seiner Redaktion.

In den 15 Jahren seiner Tätigkeit als Moderator habe er unzählige Personen interviewt. Doch ein Interview würde ihn besonders reizen. „Ich habe Willy Brandt als Persönlichkeit sehr geschätzt. Wenn es die Möglichkeit gäbe, ihn zurückzuholen, dann würde ich ihn gerne interviewen. Ich wüsste gerne von ihm, wie er die Weltlage sieht, wie verzweifelt er ist und auf welche Ideen er käme.“

Ein persönlicher Wunsch zum Abschluss

Und einen Wunsch für das aktuelle Jahr äußerte der Tagesschau-­Sprecher auch: „Ich würde gerne die Nachrichten verlesen, dass der Krieg gegen die Ukraine beendet ist, dass Corona keine Gefahr mehr darstellt und dass der FC St. Pauli in die erste Liga aufgestiegen ist.“ Einen Nachrichtenwunsch in eigener Sache hat der begeisterte ­Triathlet auch. „Thorsten Schröder hat sich für den Ironman auf Hawaii qualifiziert. Das wäre eine schöne Nachricht. In der Tagesschau hat die aber natürlich keinen Platz.“

Patrick Kleibold

Weitere Berichte zur katholischen Kirche in Deutschland und im Erzbistum Paderborn finden Sie in der aktuellen DOM-Ausgabe. Schauen Sie mal rein, es lohnt sich bestimmt.

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