Kultur in Zeiten von Bomben und Raketen
Wer denkt in Zeiten des Krieges an Kultur? Ein Jahr nach Kriegsbeginn in der Ukraine ist auch die kulturelle Infrastruktur vor Ort zerstört. Selbst das bekannte Khanenko-Museum in Kiew blieb nicht verschont. Eine Ausstellung in der Akademie in Schwerte zeigt nun Bilder von dort.
Schwerte/Kiew (AS). Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat bereits zahllose Kulturgüter zerstört und bedroht unendlich viele Museen und Denkmäler – so auch das bedeutende Khanenko-Museum und seine Schätze in der ukrainischen Hauptstadt.
Als der Krieg vor einem Jahr ausbrach, ließ die Museumsdirektorin Yuliya Vaganova den wertvollen Kunstbestand evakuieren. Fortan waren die Wände und Vitrinen in dem Museum kahl und nicht mehr mit Kunstwerken geschmückt. Yurii Stefanyak motivierte dies, die verwaisten Räumlichkeiten im Frühjahr 2022 zu fotografieren. Verfärbungen an der Wandbespannung, verwaiste Beschriftungsschilder und leere Vitrinen, wohin man sieht. Diese Bilder zeigen Erwartungen und einen Blick in die Zukunft voller Hoffnung, die Räume warten auf das Ende des Krieges und die Neueinrichtung des ukrainischen Museums. Die Fotos sind jetzt in Schwerte zu sehen.
Das Khanenko-Museum gilt als Museum westlicher und orientalischer Kunst.
Dort werden ansonsten Sammlungen westeuropäischer, asiatischer und byzantinischer Werke gezeigt. Darunter befinden sich auch vier Ikonen aus dem 6. und 7. Jahrhundert sowie weitere kostbare Objekte japanischer, tibetischer, chinesischer und iranischer Kunst. An Gemälden sind dort unter anderem für gewöhnlich Werke von Peter Paul Rubens zu bestaunen. Weiterhin zählt das Museum Tapisserien, Skulpturen, Porzellan, eine grafische Sammlung und vieles mehr zu seinen Exponaten. Die Sammlungsgeschichte des Museums geht auf das Ehepaar Bohdan Khanenko (1848–1917) und Varvara Khanenko (1852–1922) zurück. Nach dem Tod des kunstliebhabenden Ehepaares ging die Sammlung in den Besitz der Stadt Kiew über.
1919 wurde dann offiziell das Museum, das sich schnell über bedeutende Zuwächse freuen konnte, gegründet. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Exponate schon einmal ausgelagert, bevor das Museum dann 1944 wieder eröffnet werden konnte. Bedeutendster und bekanntester Teil des Museums ist die Gemäldegalerie Alter Meister mit zahlreichen herausragenden Arbeiten.
In Kooperation mit dem Seminar für Kunst und Kunstwissenschaft an der Technischen Universität Dortmund, dem Khanenko-Museum, dem Netzwerk Kulturgüterschutz Ukraine „Ukraine Art Aid Center“ und dem Caspar-David-Friedrich-Institut der Universität Greifswald wurde aus den Aufnahmen eine Ausstellung mit dem Titel „Kunst im Krieg“, die in Europa auf die Katastrophe hinweisen und einen schonungslosen Einblick in das evakuierte Kunstmuseum geben soll.
„Unhappy Fireworks“ oder „“Russian Roulette XXI“
Der Krieg bedeutet zudem für viele Künstler das Exil – so auch für die Kiewer Malerin Sinilga Lastivka, die in Schwerte Zuflucht fand. In ihren abstrakten Farbfeld-Bildern verarbeitet sie zugleich ihre Erinnerungen an eine friedliche Ukraine und das Trauma der gegenwärtigen Kriegsrealität. Ihre Werke sind Acryl-Bilder auf Leinwand. Schon alleine anhand der Titel der Kunstwerke werden Emotionen vermittelt. „Unhappy Fireworks“ oder „Russian Roulette XXI“ – treffender könnten die Titel unter anderem kaum sein.
Sinilga Lastivka, 1986 in der Ukraine geboren, kam gemeinsam mit ihrem Mann und dem zweijährigen Sohn nach dem Ausbruch des Krieges über Polen nach Schwerte. Hier versucht sie sich eine neue Existenz aufzubauen. In der Heimat studierte sie Philosophie und Journalismus und war danach als politische Journalistin tätig. Vor sieben Jahren gab sie ihre Arbeit aufgrund der immer gefährlicher werdenden politischen Situation in der Ukraine auf und wandte sich der Malerei zu. Das Trauma des Krieges bewirkte bei der Künstlerin nun eine nochmalige Konzentration auf die reine Kraft der Malerei, um ihre Emotionen durch Farbe und Form ausdrücken und verarbeiten zu können.
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