02.06.2021

Mit Benedikt auf dem Smartphone

Alles ist weitläufig auf dem Gelände des ehemaligen Zisterzienserklosters Hardehausen, so auch die Obstwiesen mit den alten Apfelsorten neben dem Schöpfungspfad.

Kreis Höxter. Die Benediktsregel ist mehr als 1500 Jahre alt und ordnet ganz detailliert das Leben der Mönche. „Ora et labora“ sagt vielen etwas, aber die Regel umfasst weitaus mehr. Wie aktuell und zeitlos dieses berühmte Werk Benedikt von Nursias tatsächlich ist, beweist ein Projekt des Kulturlandes Kreis Höxter, welches mehr Menschen in die Region locken will – auf der Suche nach Spiritualität und auf der Suche nach einem sinnvollen Leben.

von Martina Schäfer

Acht Hörgeschichten führen nicht nur zu den schönsten Klöstern und religiösen Zentren der Region, sie machen auch deutlich, wie die Benediktsregel nach so vielen Jahrhunderten modern und zeitgemäß interpretiert werden kann. Das außergewöhnliche Projekt aus Höxter überzeugte bereits die Jury der Industrie- und Handelskammern: Sie zeichnete die Initiatoren der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung im Kreis Höxter (GfW) mit dem Tourismuspreis „Teutoburger Wald“ aus, ein junger Preis, der erst zum dritten Mal vergeben wurde.  

Urlaub in Deutschland wird immer beliebter – gerade in Zeiten der Corona- Pandemie. Und an Aktivangeboten in freier Natur und in großzügig angelegten Orten sind die Gäste besonders interessiert. Davon kann die Region zwischen Weser, Egge und Teutoburger Wald profitieren. „Die Anfragen häufen sich, mehr als 20 Prozent der Reisenden im Vergleich zu 2020 lassen sich von der Klosterregion begeistern“, betont Tourismusreferentin Katja Krajewski. Und: Nicht nur „Nordländer“ haben den Blick in die Region geworfen, auch aus dem Süden Deutschlands kommen mehr Gäste. 

Rund um die Klöster im Hochstift existieren ja schon vielfältige Marketingkonzepte (Klosterfestival, Kloster-Garten-Route).  Doch „Auf Benedikts Spuren“ ist ein ganz anderes Format. Das Projekt hat nichts Altbackenes an sich. Es ist auch nicht nur für eine bestimmte Klientel geeignet, sondern wendet sich an Jung und Alt. Ganz modern entführt die Reise mithilfe digitaler Technik zu jenen alten Gemäuern, die immer noch viel zu erzählen haben und deren Geschichte zum Nachdenken anregt. Über die Hearonymus-App können sich die Interessenten kostenlos die Hörgeschichten auf ihr Mobiltelefon laden, und los geht die Entdeckungstour – ganz wie gewünscht zu Fuß, mit dem Rad oder auch mit dem Auto.

Da ist beispielsweise die trutzige Abtei Marienmünster, neben dem Welterbe Corvey einer der ausdrucksstärksten Klosterorte überhaupt. Das ehemalige Benediktinerkloster stammt aus dem 12. Jahrhundert und hat sich inzwischen als „Kloster der Klänge“ einen überregionalen Namen gemacht. Und deshalb geht es mit Benedikt genau um das Zuhören und die Stille, um sich ganz offen einzulassen auf etwas Neues.

„Benedikt hätte heute sicher nichts gegen ein Smartphone, wenn es richtig genutzt wird“, sagt der Sprecher. Durch die moderne Technik öffnet das FORUM Abtei die Tür zum lebendigen klösterlichen Erbe der Region. Wer jedoch nur die Ruhe genießen möchte, sollte den Abteigarten besuchen oder sich auf den Pilgerweg „Weg der Stille“ nach Corvey aufmachen, natürlich auch eine Station der klingenden Reise.  

Um Gastfreundschaft dagegen geht es im früheren Benediktinerinnenkloster Schloss Gehrden. Neben den Ordensschwestern, die dort von 1142 ein „Paradies auf Erden“ schufen, residierten dort auch Fürsten und Könige – so Jérome, König von Westfalen. Heute ist hinter den historischen Kulissen ein schmuckes Hotel untergebracht. Den hübschen Park schmücken neben der alten St.-Peter-und-Paul-Kirche 1000 historische Rosen und die Zwölf-Apostel-Linde, die mindestens 600 Jahre alt sein soll. Auch wenn man dort den Alltag hinter sich lassen und den Moment genießen könne, rät Benedikt bei aller Gastfreundschaft im Schloss zur Mäßigung, aber nicht zu vollkommener Entsagung: „Man solle nicht bis zum Übermaß trinken, wenn Deine Weisheit nicht leiden soll.“

Zwischen Obstbäumen, Feldern und Wiesen warten im Warburger Raum kunstvolle Inszenierungen auf die Besucher. Nur munteres Vogelgezwitscher und ein würziger, frischer Waldduft begleiten die Gäste auf ihrer spannenden Entdeckungsreise durch den 8,5 Hektar großen Park der Hegge-Gemeinschaft in Niesen. Einzelne Stationen aus Stein, Holz, Glas und Metall führen auf weichen Waldwegen durch einen wunderbaren „Garten der Zitate“ und regen zum Innehalten und zum Dialog mit der Kunst an. Jenseits der „Albernheiten des Geschwätzes“, beispielsweise heute durch die sozialen Medien, fordert Benedikt auf den gestalteten „Wort-Wegen“ der Hegge zum „achtsamen Hören“ auf und zur Schweigsamkeit, welche „eine hohe Kunst und Tugend ist“.

In Hardehausen, dem einstigen Schaffensort der ersten Zisterziensermönche in Westfalen, wird der Blick auf die Werke der Schöpfung gelenkt, und auf dem Gebiet der Abtei Herstelle mit wunderbarem Blick auf das Wesertal wird nach den Prioritäten im Leben gefragt. Auch das Orgelmuseum Borgentreich ist ein lohnenswertes Ziel der Hör-Reise, die, wenn man sich darauf einlässt, Impulse für das eigene Leben geben kann – nach Benedikt „eine einfache Regel als Anfang“ – innerhalb und außerhalb der Klostermauern.

Alles Weitere zum Angebot unter: www.kulturland.org

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