Mit üblen Tricks in den Himmel?
Wohnung frei. Wer möchte einziehen? Foto: live2/photocase
Der Weg in den Himmel führt über den Glauben an Gott und ein Leben nach seinem Willen.
von Achim Hoppe
Ein regelrechtes „Gaunerstück“ – so nannte Josef Ernst, der lange Jahre als hochverdienter Professor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät in Paderborn lehrte, das heutige Evangelium vom ungerechten Verwalter. Dieser soll viel Geld verschleudert haben und deshalb bald aus dem Dienst entlassen werden. Wenn er nicht auf der Straße landen oder als Sklave enden will, muss er sich etwas einfallen lassen. Da kommt ihm eine verwegene Idee: Er könnte den Schuldnern einfach die Hälfte ihrer Schulden erlassen! Die wären ihm dann dankbar und würden ihn weiter unterstützen. Damals war es üblich, dass jemand, der Schulden machen wollte, selbst seinen Schuldschein schrieb und diesen dann dem Gläubiger übergab. Die Kontrolle über die Schuldscheine hat in der Erzählung Jesu der Verwalter. So lässt er die Schuldner – einen nach dem anderen, denn Augenzeugen soll es nicht geben! – antreten, ohne Angst, von seinem Chef entdeckt zu werden.
„Ändere deinen Schuldschein und schreib statt ‚hundert‘ ‚fünfzig‘!“, fordert er sie ermunternd auf. Und dabei geht es nicht gerade um kleine Summen! Hundert Fass Öl waren der Ertrag von etwa 140 Ölbäumen, und hundert Sack Weizen entsprachen etwa 550 Zentnern. Der Verlust für den Besitzer war also sehr groß. Unter ethischen Gesichtspunkten ist das Handeln des ungerechten Verwalters unmoralisch, auch wenn dieser dadurch seine eigene Zukunft sichert. Warum aber erzählt Jesus trotzdem ein solches „Gaunerstück“? Und wie kommt er dazu, dieses offensichtlich schlechte Verhalten des unehrlichen Verwalters zu loben? Zunächst wird hier deutlich: Jesus hat nicht nur fromm geredet. Er kannte die Sprache der Menschen seiner Zeit, und er konnte mit ihnen so sprechen, dass sie ihn verstanden. Ihm geht es hier natürlich nicht um krumme Geschäfte, sondern um die Frage, wie sich die Menschen angesichts des anbrechenden Gottesreiches so verhalten, dass sie „in die ewigen Wohnungen“ aufgenommen werden, wenn es mit ihnen zu Ende geht (vgl. Vers 9). Es geht also nicht in erster Linie um Ethik und Moral, sondern um die letzte Entscheidung für Gott.
Spielt die Frage nach den „ewigen Wohnungen“ für uns heute noch eine Rolle? Wollen die Menschen in unserem Land noch „in den Himmel“ kommen? Das darf angesichts des gewaltigen Rückgangs von Gottesdienstbesuchern und praktizierenden Christen, die ihren Glauben auch im Alltag leben, bezweifelt werden. Ganze Generationen fallen für die Glaubensweitergabe flächendeckend aus. Ein radikaler Traditionsabbruch ist überall dramatisch feststellbar. Ich denke als Priester bei der Sonntagsmesse oft: „Wer wird in dieser Kirche in zwanzig Jahren noch Gottesdienst feiern?“ Den meisten Zeitgenossen genügt ein zufriedenes Leben im materiellen Diesseits.
Angesichts der weiter um sich greifenden Gotteskrise versuchen wir Kirchenleute gerne, den Mehrwert des Christentums in sozialer, ökologischer oder ethisch-moralischer Hinsicht herauszustellen, und das ist ja auch nicht ganz falsch. Dem christlichen Glauben geht es aber in erster Linie nicht um das richtige Verhalten gegenüber den Mitmenschen und der Schöpfung – gute Werte vertreten auch Politiker oder Humanisten (und die sind oft nicht besser oder schlechter als wir Christen!). Dem christlichen Glauben geht es zuerst einmal um Gott und um ein Leben vor Seinem Angesicht! Das ist die radikale Frage, die Jesus im Sonntagsevangelium denen stellt, die heute als Christen leben wollen. Dieses „Gaunerstück“ macht hellhörig und provoziert zu einer entschiedenen und klugen persönlichen Antwort, den letzten Lebenssinn nicht im schnöden Mammon, sondern bei Gott zu suchen.
StD Pastor Achim Hoppe ist Schulseelsorger und Lehrer an den Schulen St. Michael in Paderborn.