Nach Missbrauch Grabstein entfernt
In der Priestergruft in Lenne wurde der linke Grabstein des vor 50 Jahren gestorbenen beschuldigten Pfarrers auf Beschluss der Gemeinde entfernt. (Foto: Kirchengemeinde St. Vincentius Lenne)
Es war ein Schock für die Gemeinde St. Vincentius in Lenne, als sie 2019 erfuhr, dass ein früherer Pfarrer Mädchen und junge Frauen missbraucht hat. Nun wurde auf Beschluss der Gemeinde der Grabstein des vor 50 Jahren gestorbenen beschuldigten Priesters entfernt.
Schmallenberg-Lenne (jon). „Ich habe die Rückmeldung von einer Betroffenen erhalten, dass sie auf dem Weg zur Kirche immer wieder an den Missbrauch erinnert wird“, berichtet Pfarrer Georg Schröder, Leiter des Pastoralverbundes Schmallenberg-Eslohe. Denn wer zum Eingang der Kirche geht, kommt unweigerlich an der an der Kirchenmauer gelegenen Priestergruft vorbei, in der der 1973 verstorbene frühere Pfarrer von Lenne, Robert Eickelmann, beerdigt ist. Das sei die Initialzündung gewesen, über die Entfernung des Grabsteins nachzudenken, sagt Pfarrer Schröder. Denn einer solchen Re-Traumatisierung der Opfer wolle man entgegenwirken. Bei einer gemeinsamen Sitzung von Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat habe man dann beschlossen, „dass der Grabstein weg kann“, sagt Pfarrer Schröder. Über die Maßnahme wurden die rund 370 Einwohner von Lenne in einem Flyer an alle Haushalte und über die lokale Presse informiert, bevor der Stein dann entfernt wurde. Statt an vier frühere Priester wird in der Priestergruft nun nur noch an drei von ihnen erinnert.
Auf Seiten der Opfer
Den Vertreterinnen und Vertretern der kirchlichen Gremien sei es wichtig gewesen, den Opfern des Missbrauchs zu signalisieren, dass man die Taten ernst nehme und dass man auf Seiten der Opfer stehe, betont Fabian Borys, geschäftsführender Vorsitzender des Kirchenvorstands. Man wolle öffentlich sichtbar machen, dass das Wirken des ehemaligen Pfarrers Mädchen und junge Frauen und deren späteres Leben körperlich und geistig stark verletzt habe und die Kirchengemeinde sich von ihm distanziere, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.
Wie viele Personen von einem Missbrauch durch den Pfarrer in den 50er- und 60er-Jahren betroffen sind, ist nicht bekannt. Viele hätten höchstens im kleinen Kreis darüber gesprochen, aber nicht in der Öffentlichkeit, erklärt Fabian Borys. Die betroffenen Frauen hätten in der damaligen Zeit wohl einer „Mauer des Schweigens“ gegenübergestanden und seien gezwungen gewesen, das Erlebte viele Jahrzehnte mit sich zu tragen. Die öffentlichkeitswirksame Entfernung des Grabsteins sei „ein Drahtseilakt“. Man wolle „im Sinne der Opfer handeln“, diese aber auch nicht unnötig erneut mit dem erlebten Missbrauch konfrontieren und womöglich erneut traumatisieren.
Zum Gespräch bereit
Als seelsorgliche Ansprechpartnerin für Betroffene, die über das Erlebte sprechen möchten, wurde Gemeindereferentin Monika Winzenick benannt. „Ich bin zu einem vertraulichen Gespräch im geschützten Rahmen jederzeit bereit“, sagt sie und ermutigt dazu, sich bei ihr zu melden. Wichtig sei es auch, den erlebten Missbrauch beim Erzbistum anzuzeigen. Dabei sei sie auch gern behilflich.
Die Berichte über die Entfernung des Grabsteins in Lenne haben übrigens auch Reaktionen im benachbarten Wormbach ausgelöst, wo sich Betroffene ein ähnliches Vorgehen beim Grab eines ebenfalls des Missbrauchs beschuldigten Priesters wünschen, berichtet Monika Winzenick. Da dessen Tod aber noch nicht so lange zurückliege und die Kirchengemeinde auch nicht für dessen Grab zuständig sei, könne die Gemeinde da allerdings wenig machen, sagt Pfarrer Georg Schröder.
Info
Für Betroffene von Missbrauch in Lenne oder Wormbach, aber auch für Angehörige und Dritte, die von Missbrauchstaten erfahren haben, steht Gemeindereferentin Monika Winzenick zum vertraulichen Gespräch bereit. Kontakt per Tel. 02972 / 36485-16 oder per E-Mail: monika.winzenick@pv-se.de.
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